You are here: University of Vienna PHAIDRA Detail o:1621388
Title (eng)
Attention, dissociation, and bodily states in bulimia nervosa
a micro-phenomenological case study
Parallel title (eng)
Aufmerksamkeit, Dissoziation, und Körperempfindungen bei Bulimie
eine Mikrophänomenologische Fallstudie
Author
Constanze Springinsfeld
Adviser
Thomas Slunecko
Assessor
Thomas Slunecko
Abstract (deu)

Qualitative Studien, in denen eine Methode namens Descriptive Experience Sampling verwendet wurde, deuten darauf hin, dass Frauen mit Bulimie oft eine auffallend große Anzahl verschiedener Phänomene gleichzeitig erleben. Diese ungewöhnliche Struktur des Erlebens wurde als multiples inneres Erleben und Fragmentierung der Aufmerksamkeit bezeichnet. In der vorliegenden Fallstudie untersuche ich das Erleben einer Frau, die Bulimie hat, mit einer anderen Methode – dem mikrophänomenologischen Interview. Ich war interessiert daran, ob die Aufmerksamkeit meiner Interviewpartnerin in ähnlicher Weise zwischen einer großen Anzahl von Phänomenen gespalten ist und wie sie den Prozess des Essens und Erbrechens erlebt. In Momenten, in denen sie nicht aß und erbrach, war ihre Aufmerksamkeit in der Tat zwischen einer außerordentlich großen Anzahl gleichzeitig auftretender und sich schnell verändernder Phänomene wie innerer Bilder, innerer Stimmen und Körperempfindungen gespalten, d.h. sie erlebte stark ausgeprägtes Mind-Wandering und zahlreiche Gefühle innerhalb weniger Sekunden. Während des Essens und Erbrechens erlebte sie kaum Mind-Wandering, hatte jedoch auffallend häufig dissoziative Erlebnisse. Nach dem Erbrechen hatte sie ein deutliches Bewusstsein für sich selbst, für ihre Umgebung und für äußerst positive Gefühle wie Geborgenheit und Glück. Im Gegensatz dazu war ihr Bewusstsein vor dem Erbrechen durch verschiedene negative Körperempfindungen gekennzeichnet. Es schien also, dass meine Interviewpartnerin durch das Essen und Erbrechen in der Lage war, negative körperliche Zustände aufzulösen, ihre Aufmerksamkeit neu zu fokussieren, und überdies äußerst positive Gefühle und eine starke Verbindung zu ihrem Körper und ihrer Umgebung zu erleben. Die Ergebnisse dieser Fallstudie stehen im Einklang mit früheren qualitativen Studien zu dem Thema. Sie stehen auch im Einklang mit quantitativer Forschung zu veränderten Hirnfunktionen in den Aufmerksamkeitsnetzwerken von Frauen mit Bulimie, zu Zusammenhängen zwischen Bulimie und Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung, sowie zu Zusammenhängen zwischen Bulimie und dissoziativen Zuständen. Die Rolle der Aufmerksamkeit bei Bulimie muss weiter erforscht werden, um die Ergebnisse in Behandlungsansätze zu übertragen. Darüber hinaus könnte die detaillierte Analyse von Gefühlen und ihrer körperlichen Komponenten die Entwicklung individualisierter Behandlungen ermöglichen, die auf Faktoren wie Körpertemperatur, Muskeltonus und Atemqualität abzielen.

Abstract (eng)

Qualitative studies using a method called descriptive experience sampling indicate that women with bulimia may experience an often strikingly large number of different phenomena at once. This unusual structure of experience has been termed ‘multiple inner experience’ and ‘fragmentation of attention’. In this case study, I explore the experience of a woman with bulimia through a different method, namely the micro-phenomenological interview. I was interested in whether my interviewee’s attention would be similarly divided between a large number of phenomena and how she experiences the process of eating and vomiting. During moments when she was not eating and vomiting, her attention was indeed divided between an extraordinarily high number of co-occurring and rapidly evolving phenomena such as inner images, inner hearings, and bodily sensations, i.e., she experienced mind-wandering and multiple feelings within a few seconds. During eating and vomiting she did not experience mind- wandering but had increasingly more dissociative experiences. After vomiting she was clearly aware of herself, of her surroundings and of extremely positive feelings including Geborgenheit (a combination of security and comfort) and happiness. In contrast, her awareness before vomiting was characterized by various negative bodily sensations. It thus seemed that through eating and vomiting, my interviewee was not only able to dissolve negative bodily states and refocus her attention, but also to experience extremely positive feelings and a strong connection to her body and her surroundings. The findings of this case study are consistent with previous qualitative studies on this topic. They also give context to and align with quantitative research on altered brain functioning in the attentional networks of individuals with bulimia, on associations between bulimia and attention deficit hyperactivity disorder, as well as on associations between bulimia and dissociative states. More research into the role of attention in bulimia is required to translate the findings into treatment approaches. In addition, the detailed analysis of feelings and their bodily components may allow to develop individualized treatments targeting factors such as body temperature, muscle tone, and the quality of breath.

Keywords (deu)
Bulimia NervosaBulimieAufmerksamkeitDissoziationKörperempfindungenMikrophänomenologie
Keywords (eng)
Bulimia NervosaBulimiaAttentionDissociationBodily StatesMicro-Phenomenology
Subject (deu)
Subject (deu)
Type (deu)
Persistent identifier
https://phaidra.univie.ac.at/o:1621388
rdau:P60550 (deu)
132 Seiten
Number of pages
132
Study plan
Masterstudium Joint Degree Programme MEi :CogSci Cognitive Science
[UA]
[066]
[013]
Members (1)
Title (eng)
Attention, dissociation, and bodily states in bulimia nervosa
a micro-phenomenological case study
Parallel title (eng)
Aufmerksamkeit, Dissoziation, und Körperempfindungen bei Bulimie
eine Mikrophänomenologische Fallstudie
Author
Constanze Springinsfeld
Abstract (deu)

Qualitative Studien, in denen eine Methode namens Descriptive Experience Sampling verwendet wurde, deuten darauf hin, dass Frauen mit Bulimie oft eine auffallend große Anzahl verschiedener Phänomene gleichzeitig erleben. Diese ungewöhnliche Struktur des Erlebens wurde als multiples inneres Erleben und Fragmentierung der Aufmerksamkeit bezeichnet. In der vorliegenden Fallstudie untersuche ich das Erleben einer Frau, die Bulimie hat, mit einer anderen Methode – dem mikrophänomenologischen Interview. Ich war interessiert daran, ob die Aufmerksamkeit meiner Interviewpartnerin in ähnlicher Weise zwischen einer großen Anzahl von Phänomenen gespalten ist und wie sie den Prozess des Essens und Erbrechens erlebt. In Momenten, in denen sie nicht aß und erbrach, war ihre Aufmerksamkeit in der Tat zwischen einer außerordentlich großen Anzahl gleichzeitig auftretender und sich schnell verändernder Phänomene wie innerer Bilder, innerer Stimmen und Körperempfindungen gespalten, d.h. sie erlebte stark ausgeprägtes Mind-Wandering und zahlreiche Gefühle innerhalb weniger Sekunden. Während des Essens und Erbrechens erlebte sie kaum Mind-Wandering, hatte jedoch auffallend häufig dissoziative Erlebnisse. Nach dem Erbrechen hatte sie ein deutliches Bewusstsein für sich selbst, für ihre Umgebung und für äußerst positive Gefühle wie Geborgenheit und Glück. Im Gegensatz dazu war ihr Bewusstsein vor dem Erbrechen durch verschiedene negative Körperempfindungen gekennzeichnet. Es schien also, dass meine Interviewpartnerin durch das Essen und Erbrechen in der Lage war, negative körperliche Zustände aufzulösen, ihre Aufmerksamkeit neu zu fokussieren, und überdies äußerst positive Gefühle und eine starke Verbindung zu ihrem Körper und ihrer Umgebung zu erleben. Die Ergebnisse dieser Fallstudie stehen im Einklang mit früheren qualitativen Studien zu dem Thema. Sie stehen auch im Einklang mit quantitativer Forschung zu veränderten Hirnfunktionen in den Aufmerksamkeitsnetzwerken von Frauen mit Bulimie, zu Zusammenhängen zwischen Bulimie und Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung, sowie zu Zusammenhängen zwischen Bulimie und dissoziativen Zuständen. Die Rolle der Aufmerksamkeit bei Bulimie muss weiter erforscht werden, um die Ergebnisse in Behandlungsansätze zu übertragen. Darüber hinaus könnte die detaillierte Analyse von Gefühlen und ihrer körperlichen Komponenten die Entwicklung individualisierter Behandlungen ermöglichen, die auf Faktoren wie Körpertemperatur, Muskeltonus und Atemqualität abzielen.

Abstract (eng)

Qualitative studies using a method called descriptive experience sampling indicate that women with bulimia may experience an often strikingly large number of different phenomena at once. This unusual structure of experience has been termed ‘multiple inner experience’ and ‘fragmentation of attention’. In this case study, I explore the experience of a woman with bulimia through a different method, namely the micro-phenomenological interview. I was interested in whether my interviewee’s attention would be similarly divided between a large number of phenomena and how she experiences the process of eating and vomiting. During moments when she was not eating and vomiting, her attention was indeed divided between an extraordinarily high number of co-occurring and rapidly evolving phenomena such as inner images, inner hearings, and bodily sensations, i.e., she experienced mind-wandering and multiple feelings within a few seconds. During eating and vomiting she did not experience mind- wandering but had increasingly more dissociative experiences. After vomiting she was clearly aware of herself, of her surroundings and of extremely positive feelings including Geborgenheit (a combination of security and comfort) and happiness. In contrast, her awareness before vomiting was characterized by various negative bodily sensations. It thus seemed that through eating and vomiting, my interviewee was not only able to dissolve negative bodily states and refocus her attention, but also to experience extremely positive feelings and a strong connection to her body and her surroundings. The findings of this case study are consistent with previous qualitative studies on this topic. They also give context to and align with quantitative research on altered brain functioning in the attentional networks of individuals with bulimia, on associations between bulimia and attention deficit hyperactivity disorder, as well as on associations between bulimia and dissociative states. More research into the role of attention in bulimia is required to translate the findings into treatment approaches. In addition, the detailed analysis of feelings and their bodily components may allow to develop individualized treatments targeting factors such as body temperature, muscle tone, and the quality of breath.

Keywords (deu)
Bulimia NervosaBulimieAufmerksamkeitDissoziationKörperempfindungenMikrophänomenologie
Keywords (eng)
Bulimia NervosaBulimiaAttentionDissociationBodily StatesMicro-Phenomenology
Subject (deu)
Subject (deu)
Type (deu)
Persistent identifier
https://phaidra.univie.ac.at/o:1624225
Number of pages
132