Abstract (deu)
Bei der Untersuchung menschlicher Überreste ist die Analyse von Frakturen von größter Bedeutung und kann wertvolle Informationen über Herausforderungen liefern, denen sich die Verstorbenen stellen mussten. In dieser Arbeit wurden menschliche Überreste von 129 Individuen aus dem awarischen Gräberfeld Leobersdorf, welche hauptsächlich in das 7. und 8. Jhd. n. Chr. datiert wurden, auf Frakturen des Schädels, der Rippen und der ersten vier Halswirbel untersucht. Neunzehn Individuen (14,7%) wiesen mindestens eine Verletzung auf. Hypothese eins, die besagt, dass Männer mehr Frakturen zeigen als Frauen, konnte nicht bestätigt werden, obwohl Männer tatsächlich häufiger betroffen waren. Hypothese zwei, die besagt, dass ältere Individuen mehr Frakturen aufweisen als jüngere, konnte bestätigt werden. Hypothese drei, die besagt, dass Männer und Frauen unterschiedliche Frakturmuster aufweisen, konnte nicht bestätigt werden. Es wurden keine signifikanten Geschlechtsunterschiede in Bezug auf Frakturtyp, häufiger betroffene Körperseite, das Auftreten von einzelnen und multiplen Frakturen oder den Schweregrad beobachtet. Die in dieser Arbeit beschriebenen Frakturen deuten im Allgemeinen eher auf Unfälle, zwischenmenschliche Konflikte oder Verletzungen aufgrund schwerer körperlicher Arbeit hin, als auf kriegerische Auseinandersetzungen. Dies lässt auf ein eher friedliches Leben der untersuchten Gruppe schließen. In Anbetracht der Tatsache, dass Awaren häufig als feindseliges und gewalttätiges Volk dargestellt werden, scheinen diese Ergebnisse überraschend. Die vorliegende Studie trägt zu einer differenzierteren Wahrnehmung der Awaren bei und ermöglicht ein realistischeres Bild der untersuchten Gruppe und ihrer Lebensweise. Insbesondere der späten Awarenzeit zugeordnete Individuen waren wahrscheinlich hauptsächlich mit landwirtschaftlicher Arbeit beschäftigt und weniger mit Nomadentum und Plünderungen, was sich in den hier beschriebenen Verletzungen widerzuspiegeln scheint.