Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Übersetzung frankophoner Literatur aus dem Maghreb ins Deutsche im Zeitraum 2000 bis 2022. Ziel der Arbeit ist es, einen systematischen Überblick über die Übersetzungstätigkeit im Untersuchungszeitraum zu geben und dabei strukturelle Zusammenhänge im literarischen Feld sowie (post-)koloniale Machtstrukturen aufzuzeigen. Zunächst werden grundlegende Konzepte aus den Descriptive Translation Studies (DTS) als Wegbereiter für eine translationssoziologische Forschung vorgestellt, der theoretische Schwerpunkt der Arbeit liegt jedoch auf der Feldtheorie Pierre Bourdieus und deren Anwendung in der Translationswissenschaft (TLW). Weiters werden die Begriffe Maghreb und frankophon aus einer postkolonialen Perspektive kritisch diskutiert und deren Verwendung in der hier vorliegenden Arbeit begründet. Im empirischen Teil dieser Arbeit kommt eine Mischung aus quantitativer und qualitativer Forschungsmethodik zur Anwendung: Die für die quantitative Analyse verwendeten Daten beruhen auf den Suchergebnissen in der Datenbank von Litprom zu Übersetzungen von Werken aus Algerien, Marokko und Tunesien, die ursprünglich auf Französisch verfasst wurden. Diese Daten wurden durch zusätzliche Recherchen zu Autor:innen, Originalwerken, Übersetzung und Übersetzer:innen um weitere Informationen ergänzt und anschließend statistisch ausgewertet und interpretiert. Ein qualitativer Vergleich zweier Fallbeispiele zu den deutschen Übersetzungen der Autoren Tahar Ben Jelloun und Yamen Manai ermöglicht einen tieferen Einblick in Entstehungsbedingungen und Rezeption der Übersetzung frankophoner Literatur aus dem Maghreb am deutschen Buchmarkt. Die Auswahl der Autoren für die Fallbeispiele erfolgte auf Basis der quantitativen Datenanalyse. Es konnte demonstriert werden, dass vor allem Werke, die bei großen französischen Verlagen erschienen sind, ins Deutsche übersetzt werden, während es nur wenigen maghrebinischen Verlagen gelingt, ihre Bücher auch international zu vermarkten. Außerdem schaffen es nur wenige frankophone Autor:innen aus dem Maghreb, sich nachhaltig am literarischen Feld des deutschen Sprachraums zu etablieren; Voraussetzung dafür ist, dass sie bereits eine dominante Position im literarischen Feld Frankreichs einnehmen. Am deutschsprachigen Buchmarkt sind es vor allem unabhängige Verlage, die als ‚Entdecker‘ frankophoner Literatur aus dem Maghreb fungieren. Die übersetzten Werke setzen innovative Impulse auf inhaltlicher, nicht jedoch auf formaler Ebene, was sich auch in den analysierten Rezensionen wiederspiegelt. Auch wenn Übersetzer:innen gut ausgebildet, sehr produktiv und/oder auf die Übersetzung von Literatur aus dem Maghreb spezialisiert sind, bleiben sie weitestgehend ‚unsichtbare‘ Vermittler:innen ohne Macht im literarischen Feld.
The topic of this thesis is the German translation of francophone literature from the Maghreb between the years 2000 and 2022. The goal of the thesis is to provide a systematic overview of the translation activity within the investigation period and to point out structural connections including (post-)colonial power structures. To begin with, key concepts of the Descriptive Translation Studies (DTS) are introduced as initiators for a sociological translation research. However, the theoretical part of this thesis focuses on the field theory of Pierre Bourdieu and its application in the field of Translation Studies. Furthermore, the concepts Maghreb and francophone are discussed critically from a postcolonial point of view and an explanation of their importance for the thesis is given. For the empirical part of this thesis, a mix of quantitative and qualitative research methods are used: The data for the quantitative analysis is based on the search results in the Litprom data base for translations of books form Algeria, Morocco and Tunisia, originally written in French. Additional research about authors, originals, translations and translators was conducted in order to complement the data, which was subsequently statistically evaluated and interpreted. A qualitative comparison of the case studies about German translations of the authors Tahar Ben Jelloun and Yamen Manai enabled a deeper insight into the conditions of the translation process as well as the reception of francophone literature from the Maghreb on the German book market. The selection of the authors for the case study was based on the results of the quantitative data analysis. It was demonstrated that literary works which have been published by big French publishing houses are more likely to be translated into German. Meanwhile, very few publishing houses in the Maghreb succeed in marketing their books internationally. Also, few francophone authors from the Maghreb manage to establish themselves in the literary field of the German-speaking countries on the long run; in order to do so, they would have to occupy a dominant position in the literary field of France first. On the German book market mainly independent publishers act as ‘discoverers’ of francophone literature from the Maghreb. The translated books are providing innovation with regard to the topics, but not to the form, which could be observed as well in the analysis of the reviews. Even if translators are well-qualified, very productive and/or specialised in the translation of literature from the Maghreb, they remain mostly ‘invisible’ mediators without power in the literary field.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Übersetzung frankophoner Literatur aus dem Maghreb ins Deutsche im Zeitraum 2000 bis 2022. Ziel der Arbeit ist es, einen systematischen Überblick über die Übersetzungstätigkeit im Untersuchungszeitraum zu geben und dabei strukturelle Zusammenhänge im literarischen Feld sowie (post-)koloniale Machtstrukturen aufzuzeigen. Zunächst werden grundlegende Konzepte aus den Descriptive Translation Studies (DTS) als Wegbereiter für eine translationssoziologische Forschung vorgestellt, der theoretische Schwerpunkt der Arbeit liegt jedoch auf der Feldtheorie Pierre Bourdieus und deren Anwendung in der Translationswissenschaft (TLW). Weiters werden die Begriffe Maghreb und frankophon aus einer postkolonialen Perspektive kritisch diskutiert und deren Verwendung in der hier vorliegenden Arbeit begründet. Im empirischen Teil dieser Arbeit kommt eine Mischung aus quantitativer und qualitativer Forschungsmethodik zur Anwendung: Die für die quantitative Analyse verwendeten Daten beruhen auf den Suchergebnissen in der Datenbank von Litprom zu Übersetzungen von Werken aus Algerien, Marokko und Tunesien, die ursprünglich auf Französisch verfasst wurden. Diese Daten wurden durch zusätzliche Recherchen zu Autor:innen, Originalwerken, Übersetzung und Übersetzer:innen um weitere Informationen ergänzt und anschließend statistisch ausgewertet und interpretiert. Ein qualitativer Vergleich zweier Fallbeispiele zu den deutschen Übersetzungen der Autoren Tahar Ben Jelloun und Yamen Manai ermöglicht einen tieferen Einblick in Entstehungsbedingungen und Rezeption der Übersetzung frankophoner Literatur aus dem Maghreb am deutschen Buchmarkt. Die Auswahl der Autoren für die Fallbeispiele erfolgte auf Basis der quantitativen Datenanalyse. Es konnte demonstriert werden, dass vor allem Werke, die bei großen französischen Verlagen erschienen sind, ins Deutsche übersetzt werden, während es nur wenigen maghrebinischen Verlagen gelingt, ihre Bücher auch international zu vermarkten. Außerdem schaffen es nur wenige frankophone Autor:innen aus dem Maghreb, sich nachhaltig am literarischen Feld des deutschen Sprachraums zu etablieren; Voraussetzung dafür ist, dass sie bereits eine dominante Position im literarischen Feld Frankreichs einnehmen. Am deutschsprachigen Buchmarkt sind es vor allem unabhängige Verlage, die als ‚Entdecker‘ frankophoner Literatur aus dem Maghreb fungieren. Die übersetzten Werke setzen innovative Impulse auf inhaltlicher, nicht jedoch auf formaler Ebene, was sich auch in den analysierten Rezensionen wiederspiegelt. Auch wenn Übersetzer:innen gut ausgebildet, sehr produktiv und/oder auf die Übersetzung von Literatur aus dem Maghreb spezialisiert sind, bleiben sie weitestgehend ‚unsichtbare‘ Vermittler:innen ohne Macht im literarischen Feld.
The topic of this thesis is the German translation of francophone literature from the Maghreb between the years 2000 and 2022. The goal of the thesis is to provide a systematic overview of the translation activity within the investigation period and to point out structural connections including (post-)colonial power structures. To begin with, key concepts of the Descriptive Translation Studies (DTS) are introduced as initiators for a sociological translation research. However, the theoretical part of this thesis focuses on the field theory of Pierre Bourdieu and its application in the field of Translation Studies. Furthermore, the concepts Maghreb and francophone are discussed critically from a postcolonial point of view and an explanation of their importance for the thesis is given. For the empirical part of this thesis, a mix of quantitative and qualitative research methods are used: The data for the quantitative analysis is based on the search results in the Litprom data base for translations of books form Algeria, Morocco and Tunisia, originally written in French. Additional research about authors, originals, translations and translators was conducted in order to complement the data, which was subsequently statistically evaluated and interpreted. A qualitative comparison of the case studies about German translations of the authors Tahar Ben Jelloun and Yamen Manai enabled a deeper insight into the conditions of the translation process as well as the reception of francophone literature from the Maghreb on the German book market. The selection of the authors for the case study was based on the results of the quantitative data analysis. It was demonstrated that literary works which have been published by big French publishing houses are more likely to be translated into German. Meanwhile, very few publishing houses in the Maghreb succeed in marketing their books internationally. Also, few francophone authors from the Maghreb manage to establish themselves in the literary field of the German-speaking countries on the long run; in order to do so, they would have to occupy a dominant position in the literary field of France first. On the German book market mainly independent publishers act as ‘discoverers’ of francophone literature from the Maghreb. The translated books are providing innovation with regard to the topics, but not to the form, which could be observed as well in the analysis of the reviews. Even if translators are well-qualified, very productive and/or specialised in the translation of literature from the Maghreb, they remain mostly ‘invisible’ mediators without power in the literary field.