You are here: University of Vienna PHAIDRA Detail o:1632950
Title (deu)
Zur Weltreise als Subjektivierungspraktik
eine Interpretative Subjektivierungsanalyse
Author
Marvin Waibel
Adviser
Michaela Pfadenhauer
Assessor
Michaela Pfadenhauer
Abstract (deu)

Weltreisen erfahren aus wissenschaftlicher Perspektive kaum Beachtung, obwohl sie gesellschaftlich, in medialen Diskursen und Ausdrucksformen als Praxis fest etabliert sind. Von der Beobachtung ausgehend, dass diese medialen Diskurse und Ausdrucksformen spezifische Lebens- und Selbstentwürfe vermitteln, widmet sich die vorliegende Studie diesem Phänomen und untersucht, ob die Weltreisepraxis als Subjektivierungspraxis gelesen werden kann und an welchen Subjektmodellen sie sich orientiert. Aufbauend auf poststrukturalistischen und wissenssoziologischen Annahmen werden zunächst die theoretischen Dimensionen der Subjektivierungsanalyse erläutert. Dabei wird offensichtlich, dass kulturhistorisch ein enger Entwicklungszusammenhang zwischen Subjektkulturen und Reisepraktiken besteht. Der empirische Teil umfasst zum einen die Erschließung der feldspezifischen Subjektmodelle und -anrufungen anhand einer Analyse von zwei Reisedokumentarfilmen; zum anderen werden Selbst-Positionierungen von Weltreisenden über fünf problemzentrierte Interviews und einer anschließenden Deutungsmusteranalyse erforscht. Im Rahmen einer Interpretativen Subjektivierungsanalyse können mit dieser empirischen Doppelperspektive die diskursiv erzeugten Subjektmodelle und -anrufungen rekonstruiert und mit den Selbst-Positionierungen von Weltreisenden kontrastiert werden. Die Ergebnisse legen nahe, dass Filme als Diskursträger und –produzenten die Weltreise als eine Subjektivierungsweise verkörpern und die Rezipienten anrufen, sich über die Reisepraktik zu einem spezifischen Subjektmodell hin zu formen. Dieses Subjektmodell umfasst Reflexionsfähigkeit und –bereitschaft, Welt- und Selbstoffenheit, Erlebnisdrang, Kommunikationskompetenz und -interesse sowie Bedürfnisse nach Autonomie- und körper-leiblichen Erfahrungen. Die Weltreisenden schreiben sich wiederum in den Interviews genau diese Fähigkeiten und Haltungen zu und legitimieren diese explizit über die Reisepraktik. Dabei ist die Selbst-Positionierung und Subjektanrufung eines reflektierten Selbst die kennzeichnende feldspezifische Subjektposition. Als Subjektivierungspraktik bezieht sie sich nicht nur auf die Reflexion des Selbst, sondern auch auf eine, vom eigenen Kulturraum transzendierte, Betrachtung der Welt. Im Rahmen einer kulturtheoretischen Einbettung widmet sich die Studie zum Abschluss der Frage, ob und inwieweit sich im spezifischen Kulturphänomen ‚Weltreise‘ Subjektideale einer gegenwärtig hegemonialen Subjektkultur wiederfinden. Anknüpfend an Andreas Reckwitz ergibt sich folgendes Bild: die Weltreise als Subjektivierungspraktik ermöglicht, gesellschaftliche (Subjekt-)Anforderungen von konstanter Selbstoptimierung und kreativen Experimentalismus zu vereinen. Über Reckwitz‘ Zeitdiagnose geht die Praktik jedoch hinaus, da sie die Selbst- und Weltreflexion als Kern gelungener Subjektbildung versteht und diese an Kommunikationsfähigkeiten und Kommunikationserfahrungen knüpft. In diesem Subjektivierungsprozess werden Erfahrungs- und Erlebnismöglichkeiten funktional dafür verwendet, sich als reflektiertes (und kommunikatives) Subjekt zu formen.

Abstract (eng)

There has been very little scientific research on round-the-world travelling although it has firmly established itself in various medial discourses and products. Drawing from the impression, that these discourses and cultural products seem to frame specific concepts of life and self-fulfillment, the study examines round-the-world trips and explores whether those travelling practices form subjectivation patterns. Simultaneously it investigates if, how and which subject norms shape those practices. Building on poststructuralist theory and the premises of sociological of knowledge, the theoretical dimensions of a subjectivation analysis are outlined. From a cultural-historical perspective, the interrelated development of subject cultures and travel practices is traced. Within the framework of an Interpretative Subjectivation Analysis, the study aims to explore the process of subjectivation by drawing empirical data from two different levels. Analyzing the discursively constructed subject norms in two travel documentaries and the self-positioning process of round-the-world travellers with five problem-centered interviews and an Interpretation Pattern Analysis, the research is able to demonstrate the entanglement between normative subject orders and self-relations. The documentaries embody round-the-world travelling as a specific subjectivation practice and create a specific subject form. That particular subject form primarily contains the ability and willingness to (self-)reflect. Additionally, it represents open-mindedness, independency, the urge for new experiences, communication competence and interest as well as the need and consciousness for physical experiences. Meanwhile, in their self-narrations, the travellers tend to align themselves exactly along those abilities and attitudes. Moreover, they legitimize these self-attributions through their travel experiences and distinguish themselves from others. Therefore, the study views the individual journeys and related identity constructions as a reaction to the specific identified interpellation and subject norms. Round-the-world trips are a deliberate training of the self and enable individual symbolic enhancement. The self-positioning towards a reflected self is the characterizing subject position. As a practice of subjectivation it not only refers to the reflection of the self, but also to a transcended and reflected worldview. Additionally, the study addresses the question to which extent round-the-world travelling reflect subject ideals of a contemporary hegemonic subject culture. Leaning on theories by Andreas Reckwitz, round-the-world trips are capable of meeting social demands of constant self-optimization and creative experimentalism. However, the practice goes beyond Reckwitz hypothesis as it views self- and world-reflection as the core of a successful subjectivation process, which is enabled by communication skills and experiences. The findings therefore understand the process of subjectivation in this field slightly deviate from Reckwitz. The accumulation of experiences are functionally utilized to create oneself as a reflected (and communicative) subject.

Keywords (deu)
SubjektSubjektivierungInterpretative SubjektivierungsanalyseWeltreiseSubjektkulturen
Keywords (eng)
subjectsubjectivationinterpretative subjectivation analysisround-the-world travelsubject cultures
Type (deu)
Persistent identifier
https://phaidra.univie.ac.at/o:1632950
rdau:P60550 (deu)
161 Seiten
Number of pages
163
Study plan
Masterstudium Soziologie
[UA]
[066]
[905]
Members (1)
Title (deu)
Zur Weltreise als Subjektivierungspraktik
eine Interpretative Subjektivierungsanalyse
Author
Marvin Waibel
Abstract (deu)

Weltreisen erfahren aus wissenschaftlicher Perspektive kaum Beachtung, obwohl sie gesellschaftlich, in medialen Diskursen und Ausdrucksformen als Praxis fest etabliert sind. Von der Beobachtung ausgehend, dass diese medialen Diskurse und Ausdrucksformen spezifische Lebens- und Selbstentwürfe vermitteln, widmet sich die vorliegende Studie diesem Phänomen und untersucht, ob die Weltreisepraxis als Subjektivierungspraxis gelesen werden kann und an welchen Subjektmodellen sie sich orientiert. Aufbauend auf poststrukturalistischen und wissenssoziologischen Annahmen werden zunächst die theoretischen Dimensionen der Subjektivierungsanalyse erläutert. Dabei wird offensichtlich, dass kulturhistorisch ein enger Entwicklungszusammenhang zwischen Subjektkulturen und Reisepraktiken besteht. Der empirische Teil umfasst zum einen die Erschließung der feldspezifischen Subjektmodelle und -anrufungen anhand einer Analyse von zwei Reisedokumentarfilmen; zum anderen werden Selbst-Positionierungen von Weltreisenden über fünf problemzentrierte Interviews und einer anschließenden Deutungsmusteranalyse erforscht. Im Rahmen einer Interpretativen Subjektivierungsanalyse können mit dieser empirischen Doppelperspektive die diskursiv erzeugten Subjektmodelle und -anrufungen rekonstruiert und mit den Selbst-Positionierungen von Weltreisenden kontrastiert werden. Die Ergebnisse legen nahe, dass Filme als Diskursträger und –produzenten die Weltreise als eine Subjektivierungsweise verkörpern und die Rezipienten anrufen, sich über die Reisepraktik zu einem spezifischen Subjektmodell hin zu formen. Dieses Subjektmodell umfasst Reflexionsfähigkeit und –bereitschaft, Welt- und Selbstoffenheit, Erlebnisdrang, Kommunikationskompetenz und -interesse sowie Bedürfnisse nach Autonomie- und körper-leiblichen Erfahrungen. Die Weltreisenden schreiben sich wiederum in den Interviews genau diese Fähigkeiten und Haltungen zu und legitimieren diese explizit über die Reisepraktik. Dabei ist die Selbst-Positionierung und Subjektanrufung eines reflektierten Selbst die kennzeichnende feldspezifische Subjektposition. Als Subjektivierungspraktik bezieht sie sich nicht nur auf die Reflexion des Selbst, sondern auch auf eine, vom eigenen Kulturraum transzendierte, Betrachtung der Welt. Im Rahmen einer kulturtheoretischen Einbettung widmet sich die Studie zum Abschluss der Frage, ob und inwieweit sich im spezifischen Kulturphänomen ‚Weltreise‘ Subjektideale einer gegenwärtig hegemonialen Subjektkultur wiederfinden. Anknüpfend an Andreas Reckwitz ergibt sich folgendes Bild: die Weltreise als Subjektivierungspraktik ermöglicht, gesellschaftliche (Subjekt-)Anforderungen von konstanter Selbstoptimierung und kreativen Experimentalismus zu vereinen. Über Reckwitz‘ Zeitdiagnose geht die Praktik jedoch hinaus, da sie die Selbst- und Weltreflexion als Kern gelungener Subjektbildung versteht und diese an Kommunikationsfähigkeiten und Kommunikationserfahrungen knüpft. In diesem Subjektivierungsprozess werden Erfahrungs- und Erlebnismöglichkeiten funktional dafür verwendet, sich als reflektiertes (und kommunikatives) Subjekt zu formen.

Abstract (eng)

There has been very little scientific research on round-the-world travelling although it has firmly established itself in various medial discourses and products. Drawing from the impression, that these discourses and cultural products seem to frame specific concepts of life and self-fulfillment, the study examines round-the-world trips and explores whether those travelling practices form subjectivation patterns. Simultaneously it investigates if, how and which subject norms shape those practices. Building on poststructuralist theory and the premises of sociological of knowledge, the theoretical dimensions of a subjectivation analysis are outlined. From a cultural-historical perspective, the interrelated development of subject cultures and travel practices is traced. Within the framework of an Interpretative Subjectivation Analysis, the study aims to explore the process of subjectivation by drawing empirical data from two different levels. Analyzing the discursively constructed subject norms in two travel documentaries and the self-positioning process of round-the-world travellers with five problem-centered interviews and an Interpretation Pattern Analysis, the research is able to demonstrate the entanglement between normative subject orders and self-relations. The documentaries embody round-the-world travelling as a specific subjectivation practice and create a specific subject form. That particular subject form primarily contains the ability and willingness to (self-)reflect. Additionally, it represents open-mindedness, independency, the urge for new experiences, communication competence and interest as well as the need and consciousness for physical experiences. Meanwhile, in their self-narrations, the travellers tend to align themselves exactly along those abilities and attitudes. Moreover, they legitimize these self-attributions through their travel experiences and distinguish themselves from others. Therefore, the study views the individual journeys and related identity constructions as a reaction to the specific identified interpellation and subject norms. Round-the-world trips are a deliberate training of the self and enable individual symbolic enhancement. The self-positioning towards a reflected self is the characterizing subject position. As a practice of subjectivation it not only refers to the reflection of the self, but also to a transcended and reflected worldview. Additionally, the study addresses the question to which extent round-the-world travelling reflect subject ideals of a contemporary hegemonic subject culture. Leaning on theories by Andreas Reckwitz, round-the-world trips are capable of meeting social demands of constant self-optimization and creative experimentalism. However, the practice goes beyond Reckwitz hypothesis as it views self- and world-reflection as the core of a successful subjectivation process, which is enabled by communication skills and experiences. The findings therefore understand the process of subjectivation in this field slightly deviate from Reckwitz. The accumulation of experiences are functionally utilized to create oneself as a reflected (and communicative) subject.

Keywords (deu)
SubjektSubjektivierungInterpretative SubjektivierungsanalyseWeltreiseSubjektkulturen
Keywords (eng)
subjectsubjectivationinterpretative subjectivation analysisround-the-world travelsubject cultures
Type (deu)
Persistent identifier
https://phaidra.univie.ac.at/o:1637956
Number of pages
163