Abstract (deu)
Im Fokus der Masterarbeit stehen Eltern im Erzherzogtum Österreich unter der Enns, welchen es gelang, ihren Kindern in den Taufbüchern den Status der ehelichen Geburt zu verschaffen, obwohl diese als unehelich registriert werden hätten müssen. Die dafür ausgewerteten Quellen entstanden im Kontext von Matrikelberichtigungsverfahren der niederösterreichischen Landesregierung und befinden sich heute im Niederösterreichischen Landesarchiv. Uneheliche Kinder waren im 19. Jahrhundert umfassenden Diskriminierungen ausgesetzt. Als Basis für deren Umsetzung diente die Unterscheidung zwischen ehelicher und unehelicher Geburt im kirchlich-staatlichen Matrikelwesen. Gelang es Eltern, bei der Taufe eine Ehe vorzutäuschen, galten ihre Kinder bis zum aufwendigen Beweis des Gegenteils als eheliche Nachkommen. Wie die Auswertung zeigt, stammten Eltern, die ein solches Unternehmen in Angriff nahmen, aus allen gesellschaftlichen Schichten, mit Ausnahme der bäuerlich-ländlichen Bevölkerung. Gemeinsam hatten viele Paare, dass sie entweder in langjährigen, eheähnlichen Konkubinaten lebten oder die Heirat bereits planten. In diesen „Grenzfällen“ der Ehelichkeit wagten manche Eltern den Versuch einer Falscheintragung ihrer unehelichen Söhne und Töchter. Die Untersuchung und vergleichende Analyse der Familien ermöglicht dabei zugleich einen eindringlichen Einblick in die Lebensrealität unehelicher Kinder und Eltern. Wie die Masterarbeit zeigt, verfolgte der Staat in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts eine reaktionäre Ehe- und Familienpolitik. Das Matrikelrecht wurde verschärft, ex-officio-Matrikelberichtigungen vorgenommen und die Falscheintragungen der ehelichen Geburt kriminalisiert. Erst im zweiten Viertel des 19. Jahrhunderts setzte eine Entspannung ein, welche vor allem der Idee geschuldet war, den familienrechtlichen Status als innerfamiliärer Privatangelegenheit zu betrachten.