Abstract (deu)
Das soziale Umfeld in der Frühentwicklung hat starken Einfluss auf die Ontogenese des sozialen Verhaltens. Es ist jedoch nur wenig über den Einfluss auf andere Verhaltensweisen, wie Exploration und Nahrungssuche, bekannt. In dieser Studie habe ich 61 juvenile Raben (Corvus corax) nach Manipulation der Gelegegröße in einem „Novel-Environment Test“ (NE; eine etablierte Methode zur Messung individueller Reaktionen auf eine unbekannte Umgebung) beobachtet. Anhand explorativer Faktorenanalyse habe ich drei latente Verhaltensvariablen (Exploration-Latenz, Exploration-Aktivität und Nahrungssuche) im NE identifiziert. Ich wollte nun wissen, ob diese Verhaltensweisen durch die frühzeitige soziale Umgebung eines Individuums vorhergesagt werden können, insbesondere durch die Gelegegröße und das Geschlechterverhältnis im Gelege. Ich habe die Hypothese aufgestellt, dass erhöhter Stress in der Frühentwicklung zu einer erhöhten Exploration und Nahrungssuche im NE führt. Ich habe vorhergesagt, dass Küken aus großen Familien, sowie aus Familien mit einem höheren Anteil an Männchen, verstärkter Geschwisterkonkurrenz ausgesetzt sind und daher eine erhöhte Exploration und Nahrungssuche im NE vorweisen. Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Gelegegröße keine Rückschlüsse auf das Verhalten im NE ermöglicht. Das Geschlechterverhältnis im Gelege konnte jedoch die Exploration-Aktivität vorhersagen, wobei es Individuen aus Gelegen mit mehr Weibchen waren, die am meisten erkundeten. Diese Beobachtung steht im Widerspruch zu meiner Vorhersage. Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass Eltern mehr in männliche Küken investieren und daher Gelege mit mehr Weibchen verstärkter Ressourcenkonkurrenz und erhöhtem Stress in der Frühentwicklung ausgesetzt sind.