Abstract (deu)
Diese Masterarbeit beschäftigt sich mit der Entstehung der neuen „Ex YU“-Musikszene in Wien in den letzten sieben Jahren und deren stetiger Veränderung aufgrund verschiedener sozialer und demografischer Prozesse. Die Ergebnisse basieren auf qualitativer Forschung mit sechs Musikern und vier Bar- und Club-Besitzern und -managern, die in dieser Szene involviert sind. Die Interviews fanden von Februar bis Juni 2022 statt und wurden alle in Wien (Österreich) geführt. Die Ergebnisse haben gezeigt, dass die neue „Ex Yu“ Musikszene in Wien ein Produkt demografischer und sozialer Prozesse war, die in den 1990er Jahren begann. Die neue migrantische soziale Gruppe junger gebildeter Menschen verließ das ehemalige Jugoslawien aufgrund der durch Bürgerkrieg und wirtschaftliche Verwüstung verursachten Instabilität. Sie hatten einen spezifischen Musikgeschmack, der dem vorherrschenden „Yugo = Folk“-Diskurs entgegenstand. Die ersten Rock- und Pop-Clubs mit Live-Musik entstanden in Wien um das Jahr 2000. Die Szene wuchs langsam und erreichte ihren Höhepunkt vor der Corona-Pandemie (2020) mit vier Clubs, die „Ex Yu“ Pop- und Rock-Live-Musik von Mittwoch bis Sonntag anboten. Nach der Pandemie wurde die Szene erneuert, jedoch stark auf Kommerzialisierung ausgerichtet, um die entgangenen Gewinne während des Lockdowns zu kompensieren. Diese Kommerzialisierung löste weitere Veränderungen in der Szene aus und machte das Publikum zu einem Hauptfaktor bei der Entscheidung, welche Lieder gespielt werden und welche Bands auftreten. Ein zufriedenes Publikum bringt mehr Gewinn und das hängt stark von der Vertrautheit mit der gespielten Musik ab. Die Musiker begannen zusätzliche Arbeitsstrategien zu entwickeln, einschließlich der Aufnahme der gewünschten Lieder in ihr Repertoire und des Schließens der Lücke zwischen ihnen und dem Publikum durch den Einsatz drahtloser Systeme, um mehr Trinkgeld (bakšiš) für das Anhören der gewünschten Lieder zu erhalten. Mit der Zeit führte dies zu einer Verschiebung von Pop- und Rockmusik hin zu Pop-Folk und sogar traditioneller Volksmusik aus dem ehemaligen Jugoslawien. Man könnte argumentieren, dass diese neue Szene einen Kreis geschlossen hat und langsam in den erwähnten „Yugo = Folk“-Diskurs eindringt.