Abstract (deu)
Privatheit wird zumeist in eine enge Verbindung mit ihrer institutionalisierten Form, dem eigenen Haus, der eigenen Wohnung, gebracht. In Abwesenheit dieser klar räumlich definierten Form müssen obdachlose Personen andere Wege finden Privatheit zu erleben. Die vorliegende Masterarbeit beschäftigt sich aus handlungstheoretischer Perspektive mit dem Thema der Privatheit obdachloser Personen und untersucht, wie Privatheit von obdachlosen Personen in der Stadt Wien konstruiert wird. Zur Beantwortung der Forschungsfrage, wurde eine empirische Untersuchung durchgeführt. Die Grundlage der Ergebnisse bilden, mit Hilfe der interpretativen Auswertungsmethoden der Feinstruktur-, System- und Themenanalyse interpretierte, narrative Interviews. In den Ergebnissen zeigt sich das Zusammenspiel der drei Dimensionen Ort, Zeit und Mobilität als zentral für die Konstruktion der Privatheit. Orte für private Handlungen verteilen sich über die gesamte Stadt. Dabei lassen sich zwei Ort-Arten unterscheiden. Jene, die durch ihre Infrastruktur bestimme Handlungen ermöglichen (z.B. Obdachloseneinrichtungen), und Orte, die temporär als privat gedeutet werden können (z.B. Schlafplätze im öffentlichen Raum). Beide Arten sind nur temporär nutzbar, weshalb die Kontrolle über die eigene Zeit entscheidend ist. Aufgrund der Verteilung innerhalb der Stadt und der zeitlich begrenzten Nutzbarkeit ist Mobilität nötig um zu bestimmten Zeiten an bestimmen Orten sein zu können. Gleichzeitig stellt Mobilität auch eine eigene Form der Privatheit dar, da durch die Bewegung im öffentlichen Raum Privatheit in der Anonymität der städtischen Öffentlichkeit erlebt werden kann. Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Konstruktion der Privatheit ist ein spezifischer Wissensvorrat, der Wissen über die verschiedenen Orte und Abläufe der Stadt umfasst. Wissensquellen sind eigene Erfahrungen, Beobachtungen und der Austausch mit anderen obdachlosen Personen.