Abstract (deu)
Die tektonische Position der Decken im Bereich des Geschnitztals, westlich des Brenners ist nach wie vor umstritten. Zum einen liegen die altpaläozoische Steinacher Decke auf der mesozoische Blaser Decke und den transgressiven Metasedimenten des Ötztal Deckensystems, zum anderen finden sich vom Liegenden ins Hangende Bewegungsflächen mit unterschiedlicher Kinematik, welche entweder durch eine Richtungsänderung der Bewegung eines tektonischen Events oder durch das zeitliche Aufeinanderfolgen verschiedener Ereignisse, bedingt sein können. Die liegenden und die hangenden Einheiten werden von einer oberkretazischen Top SE Abschiebung getrennt, welche im untersuchten Südhang des Tals an der Basis der eingeklemmten Relikte der Blaser Decke verläuft. Im Gelände zu beobachten waren die oberen Bereiche des Liegenden (transgressive, permo-mesozoische Metasedimente), vertreten durch Dolomit, Kalk-/ Dolomitmarmore, (Kalk-) Phyllite/Schiefer und Bänderkalkmarmore. Die primäre Foliation, welche durch die eoalpine Deckenstapelung bedingt ist, fällt tendenziell SE und zieht sich durch die verschiedenen Deckensysteme hindurch. Während die mylonitischen Prägungen und isoklinalen Falten der Deckenstapelung zuzuordnen sind, bildete sich das, in den Dolomiten dominante Kluftsystem, im Zuge der oligozänen-miozänen E-W Extension. Im Bereich des metamorphen Kalkkomplexes finden sich bereits Anzeichen der eoalpinen Abschiebung in Form von in die Abschiebungsrichtung einrotierten Faltenachsen von Isoklinalfalten in den leicht zu bewegenden Kalkschiefern. Die hangenden Einheiten, bestehend aus Blaser- und Steinacher Decke, wurden von metamorphen Tonschiefern an der Basis, jurassischen Kalken, Radiolarit, altpaläozoischen (Quarz-) Glimmerschiefern, Quarzphylliten, oberkarbonen Sedimenten/Konglomeraten und vereinzelten metamorphen Linsen und Intrusivern, aufgebaut. Sigmaklasten, NW gerichtete Aufschiebungen, SE gerichtete Abschiebungen und das zunehmende Einrotieren der Faltenachsen von Hangenden ins Liegende sind Produkte der eoalpinen SE Abschiebung, während sich die paläogenen NW-Überschiebungen innerhalb der Blaser Decke in Form von SE einfallenden Aufschiebungen in den westlichsten Bereichen des Untersuchungsgebiets zu erkennen geben. Der Grad der eoalpinen Metamorphose sinkt innerhalb des Ötztal-Bundschuh Deckensystems bis ins Hangende des Drauzug-Gurktal Deckensystems von der Amphibolitfazies bis zu diagenetischen Bedingungen, wobei sich die zwischenliegenden Komponenten im Bereich der Grünschieferfazies bewegen. Im Zuge der Arbeit wird vermutet, dass die zu Beginn erwähnten ungewöhnlichen Gegebenheiten durch die NW aufschiebende Deckenstapelung, welche ein Einschuppen der ursprünglich aufliegenden, jüngeren Blaser Decke verursacht, entstanden. Es folgt eine eoalpine Abschiebung nach SE, welche mit zunehmender Deformation ins Liegende die durch die Deckenstapelung gebildeten, präexistenten Faltenachsen immer stärker in die Abschiebungsrichtung rotiert. Die heute nicht mehr sichtbaren abgeschobenen Teile am Rücken der Steinacher Decke wurden erodiert und es bilden sich im Laufe des Quartärs die heute vorhandenen Täler. Es wird deshalb von einer eher zeitgleichen Aufschiebung der Decken in der Oberkreide ausgegangen, da im Falle einer späteren Überschiebung der Steinacher Decke im Paläogen, das Vorhandensein von abschiebenden Komponenten der Blaser Decke am Rücken der Steinacher Decke eher unwahrscheinlich wäre und anstatt dessen die Blaser Decke als Gesamtes eingeschuppt werden würde.