Abstract (deu)
Die kanonische Wnt-Signalübertragung (cWnt) spielt eine entscheidende Rolle bei der Gewebe- und Zellhomöostase, der Zellproliferation, der Bestimmung des Zellschicksals und bei Krebs. Wichtig ist, dass sie auch für die Musterbildung der Körperachse in Metazoa verantwortlich ist. Das cWnt-Signal wird durch die Bindung des Wnt-Liganden durch Fz Rezeptoren und den Co-Rezeptor LRP5/6 an der Zellmembran ausgelöst, was die Degradation von β-catenin unterdrückt und zu dessen Akkumulation im Zellkern und einer transkriptionellen Reaktion führt. Allerdings gibt es eine verwirrende Vielfalt von Wnt-Liganden und Fz-Rezeptoren in Metazoa, und ihre individuellen Funktionen sind oft unbekannt. In dieser Dissertation habe ich die Rolle der cWnt-Signalkomponenten bei der axialen Musterbildung der Seeanemone Nematostella vectensis untersucht. Als Mitglied der Nesseltiere (Cnidaria), der evolutionären Schwestergruppe zu Zweiseitentiere (Bilateria), ist dieses Tier ein wichtiges EvoDevo-Modell für die Evolution der Mechanismen der Achsenmusterbildung und der Keimschichtbildung geworden. Aus diesem Grund wollten wir die Funktionen des extrem breiten Wnt- und Fz-Komplements von Nematostella besser verstehen. In Zellkultur analysierte ich die bevorzugten Bindungspartner zwischen allen Nematostella Wnt-Liganden und Fz-Rezeptoren. Außerdem habe ich in Nematostella einzelne und kombinierte Knockdowns aller Wnt- und Fz-Gene durchgeführt, um ihre Rolle bei der Bildung der Keimschicht und der axialen Musterbildung in den frühen Embryonen meiner Modellseeanemone zu verstehen. Ich konnte zeigen, dass die Wnt/Fz/LRP5/6-vermittelte Signalübertragung für die Endomesoderm-spezifikation nicht erforderlich ist. Dies widerspricht der gängigen Meinung, dass die β-catenin-Signalübertragung eine konservierte Rolle bei der Definition des Endomesoderms in Cnidaria und Bilateria spielt. Im Gegensatz konnten wir durch die Markierung des endogenen β-catenins in Nematostella mittels CRISPR/Cas9-Knock-in zeigen, dass die Endomesoderm Spezifikation in Nematostella, anders als bei Bilateria, in der β-catenin-negativen Domäne stattfindet. Allerdings erwies sich das Wnt/Fz/LRP5/6-vermittelte Signal als entscheidend für die axiale Musterbildung. Ich zeigte, dass alle vier Fz-Rezeptoren von Nematostella an der cWnt-Signalübertragung beteiligt sind und teilweise redundante Rollen bei der axialen Musterbildung spielen. Außerdem identifizierte ich Wnt3 und Wnt4 als die stärksten Liganden, die für die oral-aborale Musterung im frühen Embryo von Nematostella verantwortlich sind. Schließlich war ich an der Analyse der Transkriptionsfaktor basierten Musterbildungslogik beteiligt, die auf die cWnt-Signalaktivierung an der Membran folgt. Insgesamt erweitern die Ergebnisse dieser Doktorarbeit unser Verständnis der cWnt-abhängigen axialen Musterbildung in unserer Modell-Seeanemone erheblich und liefern wichtige vergleichende Informationen. Sie deuten darauf hin, dass die Beteiligung des cWnt-Signals an der axialen Musterbildung wahrscheinlich der evolutionären Trennung von Cnidaria und Bilateria vorausging, während die β-catenin-abhängige Endomesoderm-Spezifikation als eine Neuheit innerhalb der Bilateria entstanden sein könnte.