Abstract (deu)
Die vorliegende Abschlussarbeit untersucht die migrationsspezifischen Auswirkungen des Eisernen Vorhangs. Der damals vorherrschende politische Konflikt zwischen West- und Osteuropa prägte tiefgreifend die politische, soziale und wirtschaftliche Entwicklung der betroffenen Nationen. Durch die restriktiven politischen Verhältnisse lösten Fluchtbewegungen aus. Im Fokus der Analyse stehen Migrationsbiografien von ethnischen Minderheiten aus Rumänien. Dafür werden Ausprägungen von Fremdheitserfahrungen und daraus resultierende identitätsbezogene Prozesse identifiziert, um das Erleben von Fremdzuschreibungen und deren Einfluss auf internalisierte Selbstbezeichnungen zu ergründen. Definiert wird Fremdheit, im interaktionstheoretischen Sinne, als sozial konstruiertes Verhältnis. Die Anwendung von Pierre Bourdieus praxeologischen Konzepten des Habitus und des symbolischen Kapitals werden mit ausgewählten Konzepten der sozialen und symbolischen Grenzziehungen in Verbindung gebracht. Dies ermöglicht die Erfassung der Dynamik von migrationsspezifischen Fremdheitserleben sowie dessen Wirkungsweisen auf Identitätskonstruktionen. Daher werden Migrationsverläufe anhand narrativ-biografischer Interviews interpretativ analysiert. Zur Auswertung wird sich an einer reflexiven Grounded Theory orientiert. Hierfür wurde der methodologische Nationalismus fortlaufend mitberücksichtigt, um (Re-)Produktionsprozesse der Dialektik zwischen Migrant*innen und ‚Einheimischen‘, und damit einhergehenden Ungleichheiten, zu vermeiden. Die empirischen Ergebnisse zeigen, dass die diktatorischen Strukturen des kommunistischen Rumäniens eine existenzielle Beeinträchtigung für ethnische Minderheiten darstellten. Soziale Ungleichheiten manifestierten sich durch die Beschränkung ökonomischen und kulturellen Kapitals. Migration stellt sich in diesem Analysekontext als politischer Befreiungsakt dar. Weiters werden Diskrepanzen zwischen Selbst- und Fremdkonstruktionen erkannt, die Selbst-Positionierungsprozesse durch soziale Grenzziehungsmechanismen in sozialen Interaktionsverhältnissen prägen. Dabei sind kulturelles und symbolisches Kapital, sowie symbolische Grenzziehungen, entlang von kulturellen und ethnischen Dimensionen, bedeutend bei der Aushandlung und der Stabilisierung von (trans-)nationalen Selbst-Konstruktionen. Insgesamt bringt die vorliegende Analyse anschlussfähige Erkenntnisse zur komplexen Wechselwirkung zwischen Fremdzuschreibungen und minderheitsspezifischen Identitätskonstruktionen in Migrationsbiografien.