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Title (deu)
Gegen den Kapitalismus als Horizont des Denkbaren
psychologische Feldforschung auf Wagenplätzen und Besetzungen zu Handlungsfähigkeit, Widerstand und Ohnmacht
Author
Jakob Till Domke
Adviser
Thomas Slunecko
Assessor
Thomas Slunecko
Abstract (deu)
Diese Arbeit ist eine Feldforschungsstudie, die sich mit Menschen beschäftigt, die an alternativen Orten (Besetzungen und Wagenplätzen) wohnen. Fokus der Arbeit ist es, ihr Erleben tiefergehend zu verstehen und es mit gesellschaftlichen Herrschaftsverhältnissen in Beziehung zu setzen. Dafür wurden sechs narrative biographische Interviews geführt und mittels Narrationsanalyse nach Schütze vergleichend ausgewertet. Es konnte aufgezeigt werden, dass einige Menschen ihr alternatives Wohnen als (Lebens-)Zweck an sich ansehen, während andere das alternative Wohnen für einen anderen zentralen (Lebens-)Zweck instrumentalisieren. In Anlehnung an Marcuses Leistungsprinzip und Brückners politische Psychologie konnte aufgezeigt werden, wie die Befragten mit gesellschaftlichen Leistungs- und Normierungs-Anforderungen umgehen. Dieser Umgang beinhaltete oft Rückzüge ins Private, Fluchtversuche und Neudeutungen von Leistungsansprüchen vor neuen Hintergründen. Es konnte ein bemerkenswert eingeschränktes Erleben von Handlungsfähigkeit (bezüglich gesellschaftlicher Verhältnisse) beobachtet werden: Obwohl einige der Interviewten, sich dezidiert für emanzipatorische gesellschaftliche Veränderungen einzusetzen versuchen, zweifeln sie dabei, ob ihr Handeln überhaupt Wirkung entfalten kann und Gefühle der Ohnmacht entstehen. Dies stimmt mit Fishers These des ‚kapitalistischen Realismus‘ überein, nach der die gegenwärtige kapitalistische Gesellschaft den Horizont des Denkbaren bestimmt. Angelehnt an theoretische Hintergrundkonstruktionen von Eisenberg und Thiel und vor allem von Brückner wurden Überlegungen angestellt, wie dieser Raum des Denkbaren und ein Erleben eigener Handlungsfähigkeit erweitert werden könnte, um notwendige emanzipatorische gesellschaftliche Veränderungen zu ermöglichen. Drei Auswege zeichnen sich vor dem Hintergrund des empirischen Materials deutlich ab: Erstens die Entwicklung einer langfristigen Strategie, die der (alleinigen) Identifikation mit kurzlebigen Protestaktionen entgegenwirkt. Zweitens eine Balance zwischen gesellschaftlicher Widerständigkeit und dem Knüpfen nachhaltiger solidarischer Beziehungen. Drittens der Austausch widerständiger Gruppen, deren Mitglieder vor allem der Mittelschicht entstammen, mit anderen sozialen Klassen.
Abstract (eng)
This work is a field research study that deals with people who live in alternative housing (occupations and caravan sites). The focus of the work is to gain a deeper understanding of their experiences and relate them to social relations of domination. To this end, six narrative biographical interviews were conducted and comparatively evaluated using narrative analysis according to Schütze. The study demonstrates that some people see their alternative housing as a (life) purpose in itself, while others instrumentalize alternative housing for another central (life) purpose. Based on Marcuse's performance principle and Brückner's political psychology, it was possible to show how the interviewees deal with social performance and standardization requirements. This approach often involved retreating into the private sphere, attempts to escape, and reinterpretations of performance requirements. A remarkably limited experience of agency (with regard to social conditions) was observed: Although some of the interviewees decidedly tried to work for emancipatory social change, they nevertheless doubt their actions effectiveness so that feelings of powerlessness arise. This is in line with Fisher's thesis of 'capitalist realism', according to which contemporary capitalist society determines the horizon of the conceivable. Based on theoretical reflections by Eisenberg and Thiel and, above all, Brückner, it is considered how this space of the conceivable and an experience of agency could be expanded in order to enable necessary emancipatory social changes. In the context of the empirical material, three possibilities clearly emerge: Firstly, the development of a long-term strategy that counteracts (sole) identification with short-lived protest actions. Secondly, a balance between social resistance and the establishment of sustainable, solidary relationships. Thirdly, the exchange of resistant groups, whose members mainly come from the middle class, with other social classes.
Keywords (deu)
FeldforschungQualitative SozialforschungHandlungsfähigkeitKritische PsychologieWiderstandalternatives WohnenOhnmachtKapitalismuskritikKapitalistischer RealismusPeter Brückner
Keywords (eng)
field research studyqualitative social researchagencycritical psychologyresistancealternative livingpowerlessnesscritique of capitalismcapitalist realismPeter Brückner
Subject (deu)
Subject (deu)
Subject (deu)
Type (deu)
Persistent identifier
https://phaidra.univie.ac.at/o:2033221
rdau:P60550 (deu)
267 Seiten
Number of pages
269
Association (deu)
Members (1)
Title (deu)
Gegen den Kapitalismus als Horizont des Denkbaren
psychologische Feldforschung auf Wagenplätzen und Besetzungen zu Handlungsfähigkeit, Widerstand und Ohnmacht
Author
Jakob Till Domke
Abstract (deu)
Diese Arbeit ist eine Feldforschungsstudie, die sich mit Menschen beschäftigt, die an alternativen Orten (Besetzungen und Wagenplätzen) wohnen. Fokus der Arbeit ist es, ihr Erleben tiefergehend zu verstehen und es mit gesellschaftlichen Herrschaftsverhältnissen in Beziehung zu setzen. Dafür wurden sechs narrative biographische Interviews geführt und mittels Narrationsanalyse nach Schütze vergleichend ausgewertet. Es konnte aufgezeigt werden, dass einige Menschen ihr alternatives Wohnen als (Lebens-)Zweck an sich ansehen, während andere das alternative Wohnen für einen anderen zentralen (Lebens-)Zweck instrumentalisieren. In Anlehnung an Marcuses Leistungsprinzip und Brückners politische Psychologie konnte aufgezeigt werden, wie die Befragten mit gesellschaftlichen Leistungs- und Normierungs-Anforderungen umgehen. Dieser Umgang beinhaltete oft Rückzüge ins Private, Fluchtversuche und Neudeutungen von Leistungsansprüchen vor neuen Hintergründen. Es konnte ein bemerkenswert eingeschränktes Erleben von Handlungsfähigkeit (bezüglich gesellschaftlicher Verhältnisse) beobachtet werden: Obwohl einige der Interviewten, sich dezidiert für emanzipatorische gesellschaftliche Veränderungen einzusetzen versuchen, zweifeln sie dabei, ob ihr Handeln überhaupt Wirkung entfalten kann und Gefühle der Ohnmacht entstehen. Dies stimmt mit Fishers These des ‚kapitalistischen Realismus‘ überein, nach der die gegenwärtige kapitalistische Gesellschaft den Horizont des Denkbaren bestimmt. Angelehnt an theoretische Hintergrundkonstruktionen von Eisenberg und Thiel und vor allem von Brückner wurden Überlegungen angestellt, wie dieser Raum des Denkbaren und ein Erleben eigener Handlungsfähigkeit erweitert werden könnte, um notwendige emanzipatorische gesellschaftliche Veränderungen zu ermöglichen. Drei Auswege zeichnen sich vor dem Hintergrund des empirischen Materials deutlich ab: Erstens die Entwicklung einer langfristigen Strategie, die der (alleinigen) Identifikation mit kurzlebigen Protestaktionen entgegenwirkt. Zweitens eine Balance zwischen gesellschaftlicher Widerständigkeit und dem Knüpfen nachhaltiger solidarischer Beziehungen. Drittens der Austausch widerständiger Gruppen, deren Mitglieder vor allem der Mittelschicht entstammen, mit anderen sozialen Klassen.
Abstract (eng)
This work is a field research study that deals with people who live in alternative housing (occupations and caravan sites). The focus of the work is to gain a deeper understanding of their experiences and relate them to social relations of domination. To this end, six narrative biographical interviews were conducted and comparatively evaluated using narrative analysis according to Schütze. The study demonstrates that some people see their alternative housing as a (life) purpose in itself, while others instrumentalize alternative housing for another central (life) purpose. Based on Marcuse's performance principle and Brückner's political psychology, it was possible to show how the interviewees deal with social performance and standardization requirements. This approach often involved retreating into the private sphere, attempts to escape, and reinterpretations of performance requirements. A remarkably limited experience of agency (with regard to social conditions) was observed: Although some of the interviewees decidedly tried to work for emancipatory social change, they nevertheless doubt their actions effectiveness so that feelings of powerlessness arise. This is in line with Fisher's thesis of 'capitalist realism', according to which contemporary capitalist society determines the horizon of the conceivable. Based on theoretical reflections by Eisenberg and Thiel and, above all, Brückner, it is considered how this space of the conceivable and an experience of agency could be expanded in order to enable necessary emancipatory social changes. In the context of the empirical material, three possibilities clearly emerge: Firstly, the development of a long-term strategy that counteracts (sole) identification with short-lived protest actions. Secondly, a balance between social resistance and the establishment of sustainable, solidary relationships. Thirdly, the exchange of resistant groups, whose members mainly come from the middle class, with other social classes.
Keywords (deu)
FeldforschungQualitative SozialforschungHandlungsfähigkeitKritische PsychologieWiderstandalternatives WohnenOhnmachtKapitalismuskritikKapitalistischer RealismusPeter Brückner
Keywords (eng)
field research studyqualitative social researchagencycritical psychologyresistancealternative livingpowerlessnesscritique of capitalismcapitalist realismPeter Brückner
Subject (deu)
Subject (deu)
Subject (deu)
Type (deu)
Persistent identifier
https://phaidra.univie.ac.at/o:2037550
Number of pages
269
Association (deu)