Abstract (deu)
Der dem österreichischen Schulsystem und respektive dem jeweiligen Unterricht zugrundeliegende Lehrplan setzt sich zum Ziel, Kinder und Jugendliche mit Wissen und Fähigkeiten auszustatten, die sie in Zukunft auf den Einstieg in das Berufsleben vorbereiten sollen und ihnen daher helfen, ihren Platz in der Gesellschaft einnehmen zu können. Neben der Ausbildung auf einer kognitiven Ebene sollen Schüler:innen, laut Vorgabe des Schulunterrichtsgesetzes, jedoch auch im Zuge ihrer Persönlichkeitsfindung und Identitätsausbildung unterstützt werden. Während der Fokus in österreichischen Bildungsinstitutionen ganz klar auf der Ausbildung der kognitiven Komponente liegt, kommt im Unterricht die Persönlichkeitsentwicklung, die sich vor allem auch in den prägenden Jahren der Pubertät, also während der Schulzeit, vollzieht, viel zu kurz. Die Wissensvermittlung zur späteren Allokation im gesellschaftlichen und beruflichen Kontext gilt als unangefochtene Primärfunktion der Institution Schule. Kognitive Inhalte sollen Kinder und Jugendlichen zu einer erfolgreichen Teilhabe an der Gesellschaft befähigen, alle gleichsam, alle ungeachtet ihrer eigenen Persönlichkeit, ihres eigenen Selbst. Die gängige Hyperfokussierung auf Fakten und Lerninhalte resultiert jedoch in einer Vernachlässigung von persönlichkeits- und identitätsstiftenden Aspekten, die in der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen von immenser Bedeutung sind. Ein weitgehend ausgeklammerter Teil der sich entwickelnden Persönlichkeit stellt die sich im Wandel befindende Körperlichkeit von Kindern und Jugendlichen dar. Gerade durch die immense Anfälligkeit für Veränderung, der der Körper im Laufe der Schulzeit ausgesetzt ist, und die Herausforderungen, die sich dadurch für die betroffene Person ergeben können, müssen die Schüler:innen in ihrer Ganzheitlichkeit anerkannt werden. Dies ist jedoch nur möglich, wenn über den kognitiven Tellerrand hinausgeblickt wird und den Lernenden zugestanden wird, dass sich die jeweilige Entwicklung auch in unterschiedlichem Maße körperlich äußert. Die vorliegende Arbeit setzt sich daher das Ziel, den vermeintlich unwesentlichen Faktor der körperlichen Veränderung und den daraus resultierenden Wahrnehmungen und Empfindungen Raum zu verschaffen. Basierend auf dem philosophischen Konzept der Leibphänomenologie bei Maurice Merleau-Ponty und Simone de Beauvoir und weiters den Theorien über die Entwicklungsaufgaben des Jugendalters, soll dargestellt werden, welche essenzielle Rolle der Körper im Prozess der Persönlichkeitsentwicklung und Identitätsfindung einnimmt. Somit soll aufgezeigt werden, dass Schule viel mehr als die Vermittlung von Fakten und Fähigkeiten sein kann und muss, doch gleichzeitig soll darauf eingegangen werden, vor welche Herausforderungen das österreichische Schulsystem durch so eine Betrachtungsweise gestellt wird.