Abstract (deu)
Das gesundheitlich-gesellschaftliche Phänomen der COVID-19-Pandemie und die dadurch aus-gelöste COVID-19-Krise trat zu einem Zeitpunkt auf, an dem die Kluft zwischen Armen und Vermögenden groß, gleichzeitig aber die Lage am Arbeitsmarkt seit der Weltwirtschafts- und Finanzkrise 2008/09 bereits seit wenigen Jahren in Erholung begriffen war. Mit dem Herunterfahren der Wirtschaft als Eindämmungsmaßnahme des Virus trat die am Arbeitsmarkt bereits bestehende soziale Ungleichheit in Hinblick auf soziodemographische Faktoren, wie das Alter und das Eltern-Sein, noch deutlicher hervor. Während die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt durch soziodemographische Einflüsse in der Pandemie weitgehend erforscht sind, bleibt vor allem eine weitere Perspektive auf den Arbeitsmarkt eher unberücksichtigt: die betrieblichen bzw. individuell-arbeitsbezogene Einflüsse auf den Arbeitsmarkt. Aus diesem Grund leistet die vorliegende Arbeit einen Beitrag zur Erforschung sozialer Ungleichheit am Arbeitsmarkt, indem diese Faktoren in Hinblick auf den Weiterbestand von unselbstständiger Erwerbstätigkeit und der Abweichung davon - in Form von Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit - in der COVID-19-Krise untersucht werden. Konkret wird dabei der Frage nachgegangen, welche betrieblichen bzw. individuell-arbeitsbezogenen Faktoren relevant waren, ob vor der COVID-19-Krise unselbständig Beschäftige in den ersten Monaten der Krise eher in Kurzarbeit geschickt, arbeits-los wurden oder ihre Beschäftigung vollständig aufrechterhalten konnten. Unter Anwendung von bivariaten deskriptiven Analysen und dem Einsatz von multinomialen logistischen Regressionsanalysen werden jene Ausprägungen betrieblicher bzw. individuell-arbeitsbezogener Faktoren ermittelt, die für das Herausfallen der Befragten aus der unselbstständigen Beschäftigung in die Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit oder für das Weiterbestehen der Beschäftigung verantwortlich sein könnten. Die Untersuchung erfolgt auf Basis der im Sommer 2020 erhobenen nicht repräsentativen Daten zu „Arbeit in Zeiten von COVID-19“ der Arbeiterkammer Wien. Das Ergebnis ist, dass vor allem Befragte, die in kleinen Unternehmen, in nicht-systemerhaltenden Branchen, wie im Tourismus- und Gastgewerbe, bzw. weniger Wochenarbeitsstunden tätig waren, ein erhöhtes Risiko hatten, in Kurzarbeit geschickt aber insbesondere arbeitslos zu werden. Auch das Fehlen eines Betriebsrats trug dazu bei, eher in Kurzarbeit oder arbeitslos zu sein. Dass umgekehrt in unselbständiger Beschäftigung zu verbleiben wahrscheinlicher war, je größer der Betrieb war, konnte zum Teil durch die Existenz eines Betriebsrates im Unternehmen erklärt werden, was die Bedeutung von Betriebsräten als essenzielle Unterstützung der Arbeitnehmer*innen unterstreicht.