Die Vereinigten Staaten von Amerika behaupten oft, das „Land of the Free“ zu verkörpern. Im Widerspruch dazu verzeichnet das dort vorherrschende Justizsystem jedoch die meisten Inhaftierungen weltweit und steht zusätzlich häufig wegen seiner systemischen Diskriminierung und Verletzungen von Rechten inhaftierter Personen unter Kritik. Folglich stellt sich die Frage, wie dieses System im Rechtsverständnis Amerikas legitimiert wird. Während sich ein Großteil der Forschung mit der Entstehung von „Mass Incarceration“ zwischen den 1970er und 2000er Jahren beschäftigt, sind Analysen jüngere Entwicklungen betreffend, trotz erhöhtem Interesse an Reformen, weniger umfassend. Folglich versucht die hier vorliegende Ausarbeitung, dazu beizutragen, diese Forschungslücke zu füllen, indem sie das Gefängnissystem Louisianas Mitte der 2010er Jahre hinsichtlich dessen Übereinstimmung mit Paradigmen amerikanischer Rechtskultur untersucht. Um dieses Forschungsinteresse zu erfüllen, wurde eine Literaturrecherche zum Ursprung eigenständiger amerikanischer Rechtskultur nach der Unabhängigkeitserklärung der USA, sowie Entwicklungen hin zur Akzeptanz von Masseninhaftierungen seit den 1970ern vorgenommen, die sich an Ansätzen von American Myth Criticism und nationaler Zivilreligion orientieren. Für die Untersuchung aktueller Trends wurde eine Fallstudie zur Rechtskultur in zwei Gefängnissen im Bundesstaat Louisiana Mitte der 2010er Jahre durchgeführt. Die Methodik besteht aus einem Critical Realist Ansatz zur Grounded Theory, der eine Unterscheidung zwischen strukturellen, gefängnisspezifischen und individuellen Sphären amerikanischer Rechtskultur ermöglicht, und integriert analytisches Kodieren in der Untersuchung ausgewählter Primärquellen. Die Erkenntnisse aus dieser Forschung ergaben, dass Institutionen, Haftanstalten und deren Mitarbeiter*Innen retributive und moralistische Werte rechtlicher Paradigmen vorangegangener Rechtsvorstellungen beibehalten haben. Allerdings waren auf institutioneller Ebene auch einige bemerkenswerte Abweichungen von etablierten Mustern zu beobachten. Diese beinhalteten ein Ende parteiübergreifender Unterstützung für die Erweiterung des Gefängnissektors, wobei Mitglieder der Demokratischen Partei häufiger für eine Verringerung der Gefängnispopulation, die Sicherung des Wahlrechts für (ehemalige) Straftäter*Innen sowie die strengere Regulierung von Einzelhaft und der Todesstrafe plädierten. Allerdings sind diese reformatorischen Haltungen bislang nicht in die Gefängnispraxis durchgedrungen. Die Ergebnisse dieser Forschung veranschaulichen die Relevanz historischen Verständnisses amerikanischer Rechtskultur für die Analyse aktueller politischer Diskurse über Inhaftierung in den USA. Die zögerliche Abkehr von Regulierungen zur Masseninhaftierung in der Legislative Louisianas deutet zwar darauf hin, dass umfassendere Reformen im Strafrecht möglich sind, deren Implementierung in naher Zukunft jedoch schwer durchzusetzen ist, solange andere Ebenen des Strafvollzugs in Louisiana an alten Mustern festhalten.
The United States of America commonly proclaim the nation to be “The Land of the Free”. Yet, its criminal justice system produces the highest number of incarcerations worldwide in addition to being the target of frequent criticisms for its systemic discrimination and violations of prisoners’ rights. Thus, the question arises how this system is legitimised as part of America’s dominant legal culture – referring to the common understanding of criminal justice. While ample research on mass incarceration between the 1970s and 2000s exists, analyses on recent developments are less expansive, despite reform efforts having gained more momentum following 2010. Thus, this research intends to contribute to filling this gap by investigating the degree of compliance with long-standing ideological paradigms of American legal culture in Louisiana’s prisons system during the mid-2010s. For this purpose, the thesis includes literary research on the initial formation of a distinct American legal culture after gaining independence, explored here through the lens of American myths criticism and civil religion, and its evolution since the 1970s into a system of mass incarceration. For recent trends, a case study on the representation of legal culture at two carceral facilities in Louisiana during the mid-2010s was conducted, whose methodology comprises of a critical realist approach to grounded theory to differentiate between structural, facility-specific, and individual expressions of legal culture, and incorporates the analytical process of coding for selected primary sources. The results indicate Louisiana’s institutions, carceral facilities, and their employees to have maintained retributivist and moralistic legal paradigms. However, there were some noticeable deviations from prior patterns on an institutional level, including the discontinuation of bipartisan support for penal expansion, with Democrats more frequently advocating for lowering incarceration numbers, expanding (ex-)convicts’ voting rights, as well as limiting the use of solitary confinement and capital punishment. Yet, these changing attitudes on criminal punishment have not trickled down to prison practice thus far. Insights from this research validate legal cultural analyses and American civil religion as an important component for understanding contemporary political discourse on incarceration in the USA. The reluctant move away from mass incarceration era policies in Louisiana’s legislation implies broader criminal justice reforms to be possible, but difficult to enforce in the near future, if the other spheres of criminal punishment continue to adhere to their old patterns.
Die Vereinigten Staaten von Amerika behaupten oft, das „Land of the Free“ zu verkörpern. Im Widerspruch dazu verzeichnet das dort vorherrschende Justizsystem jedoch die meisten Inhaftierungen weltweit und steht zusätzlich häufig wegen seiner systemischen Diskriminierung und Verletzungen von Rechten inhaftierter Personen unter Kritik. Folglich stellt sich die Frage, wie dieses System im Rechtsverständnis Amerikas legitimiert wird. Während sich ein Großteil der Forschung mit der Entstehung von „Mass Incarceration“ zwischen den 1970er und 2000er Jahren beschäftigt, sind Analysen jüngere Entwicklungen betreffend, trotz erhöhtem Interesse an Reformen, weniger umfassend. Folglich versucht die hier vorliegende Ausarbeitung, dazu beizutragen, diese Forschungslücke zu füllen, indem sie das Gefängnissystem Louisianas Mitte der 2010er Jahre hinsichtlich dessen Übereinstimmung mit Paradigmen amerikanischer Rechtskultur untersucht. Um dieses Forschungsinteresse zu erfüllen, wurde eine Literaturrecherche zum Ursprung eigenständiger amerikanischer Rechtskultur nach der Unabhängigkeitserklärung der USA, sowie Entwicklungen hin zur Akzeptanz von Masseninhaftierungen seit den 1970ern vorgenommen, die sich an Ansätzen von American Myth Criticism und nationaler Zivilreligion orientieren. Für die Untersuchung aktueller Trends wurde eine Fallstudie zur Rechtskultur in zwei Gefängnissen im Bundesstaat Louisiana Mitte der 2010er Jahre durchgeführt. Die Methodik besteht aus einem Critical Realist Ansatz zur Grounded Theory, der eine Unterscheidung zwischen strukturellen, gefängnisspezifischen und individuellen Sphären amerikanischer Rechtskultur ermöglicht, und integriert analytisches Kodieren in der Untersuchung ausgewählter Primärquellen. Die Erkenntnisse aus dieser Forschung ergaben, dass Institutionen, Haftanstalten und deren Mitarbeiter*Innen retributive und moralistische Werte rechtlicher Paradigmen vorangegangener Rechtsvorstellungen beibehalten haben. Allerdings waren auf institutioneller Ebene auch einige bemerkenswerte Abweichungen von etablierten Mustern zu beobachten. Diese beinhalteten ein Ende parteiübergreifender Unterstützung für die Erweiterung des Gefängnissektors, wobei Mitglieder der Demokratischen Partei häufiger für eine Verringerung der Gefängnispopulation, die Sicherung des Wahlrechts für (ehemalige) Straftäter*Innen sowie die strengere Regulierung von Einzelhaft und der Todesstrafe plädierten. Allerdings sind diese reformatorischen Haltungen bislang nicht in die Gefängnispraxis durchgedrungen. Die Ergebnisse dieser Forschung veranschaulichen die Relevanz historischen Verständnisses amerikanischer Rechtskultur für die Analyse aktueller politischer Diskurse über Inhaftierung in den USA. Die zögerliche Abkehr von Regulierungen zur Masseninhaftierung in der Legislative Louisianas deutet zwar darauf hin, dass umfassendere Reformen im Strafrecht möglich sind, deren Implementierung in naher Zukunft jedoch schwer durchzusetzen ist, solange andere Ebenen des Strafvollzugs in Louisiana an alten Mustern festhalten.
The United States of America commonly proclaim the nation to be “The Land of the Free”. Yet, its criminal justice system produces the highest number of incarcerations worldwide in addition to being the target of frequent criticisms for its systemic discrimination and violations of prisoners’ rights. Thus, the question arises how this system is legitimised as part of America’s dominant legal culture – referring to the common understanding of criminal justice. While ample research on mass incarceration between the 1970s and 2000s exists, analyses on recent developments are less expansive, despite reform efforts having gained more momentum following 2010. Thus, this research intends to contribute to filling this gap by investigating the degree of compliance with long-standing ideological paradigms of American legal culture in Louisiana’s prisons system during the mid-2010s. For this purpose, the thesis includes literary research on the initial formation of a distinct American legal culture after gaining independence, explored here through the lens of American myths criticism and civil religion, and its evolution since the 1970s into a system of mass incarceration. For recent trends, a case study on the representation of legal culture at two carceral facilities in Louisiana during the mid-2010s was conducted, whose methodology comprises of a critical realist approach to grounded theory to differentiate between structural, facility-specific, and individual expressions of legal culture, and incorporates the analytical process of coding for selected primary sources. The results indicate Louisiana’s institutions, carceral facilities, and their employees to have maintained retributivist and moralistic legal paradigms. However, there were some noticeable deviations from prior patterns on an institutional level, including the discontinuation of bipartisan support for penal expansion, with Democrats more frequently advocating for lowering incarceration numbers, expanding (ex-)convicts’ voting rights, as well as limiting the use of solitary confinement and capital punishment. Yet, these changing attitudes on criminal punishment have not trickled down to prison practice thus far. Insights from this research validate legal cultural analyses and American civil religion as an important component for understanding contemporary political discourse on incarceration in the USA. The reluctant move away from mass incarceration era policies in Louisiana’s legislation implies broader criminal justice reforms to be possible, but difficult to enforce in the near future, if the other spheres of criminal punishment continue to adhere to their old patterns.