Abstract (deu)
Lautäußerungen können in tierischer Kommunikation Information über den Sender übermitteln (Identitätssignatur), die Artgenossen nutzen können, um Individuen allein mithilfe akustischer Information zu unterscheiden (individuelle Stimmerkennung). Graugänse (Anser anser) sind eine Wasservogelspezies mit vielfältigem, und, bisher, wenig erforschtem Rufrepertoire. In dieser Thesis untersuche ich Identitätssignaturen und individuelle Stimmerkennung in Abflugrufen (departure calls) von Graugänsen. Abflugrufe werden kurz vor dem Abflug als Teil eines dem Flug vorhergehenden Rituals abgegeben. Um festzustellen, ob Abflugrufe Identitätssignaturen enthalten, habe ich 562 Abflugrufe aufgenommen, die von 10 verschiedenen Individuen abgegeben worden sind. Ich habe aus jedem Ruf 23 akustische Parameter extrahiert und mit ihnen mithilfe einer Diskriminanzfunktionsanalyse ein Modell trainiert, Individuen zu unterschieden, um zu testen, ob Individuen anhand ihrer Rufe überzufällig gut erkennbar sind. Um festzustellen, ob Graugänse Abflugrufer allein anhand akustischer Information erkennen können, habe ich Playback-Experimente durchgeführt, im Rahmen derer ich denselben Individuen Abflugrufe von Partnern und Nicht-Partnern vorgespielt und ihre Verhaltensantwort gemessen habe. Ich habe Hinweise auf eine Identitätssignatur in Graugans-Abflugrufen gefunden, da das Diskriminanzfunktionsmodell ungesehene Daten überzufällig häufig richtig zuordnen konnte. Darüber hinaus haben Individuen auf Rufe ihrer Partner, verglichen mit denen von Nicht-Partnern, mit erhöhtem aufmerksamem Verhalten reagiert, was die Möglichkeit individueller Stimmerkennung nahelegt. Dieses Ergebnis einer akustischen Identitätssignatur in einer evolutionär basalen Vogelspezies, die in komplexen sozialen Gruppen lebt, wirft Fragen über dessen funktionale Relevanz auf und legt nahe, dass akustische Identitätssignale evolutionär in gruppenlebenden Spezies weitverbreitet sein könnten.