Abstract (deu)
Ein Matroid ist eine kombinatorische Struktur, die das Konzept von linearer Abhängigkeit auf ganz verschiedene endliche Mengen verallgemeinert. Klassischerweise werden Matroide über endlichen Mengen von Vektoren oder über Graphen betrachtet. Wir erhalten dadurch eine Theorie, die die strukturellen Grundkonzepte der Linearen Algebra mit denen der Graphentheorie verbindet. Von besonderem Interesse ist hierbei das Tutte-Polynom T (x, y) als strukturelle Invariante eines jeden Matroids. Dieses Polynom kodiert allerlei nützliche kombinatorische Information der zu Grunde liegenden mathematischen Struktur. So finden sich etwa die Anzahlen aller Möglichkeiten, einen Graphen mit einer gegebenen Anzahl an Farben einzufärben, in seinem Tutte-Polynom versteckt. Allerdings berücksichtigen gewöhnliche Matroid-Strukturen wirklich nur Sachverhalte die aus der Unabhängigkeit der Teilmengen resultieren. Die italienischen Mathematiker Luca Moci und Michele D’Adderio konfrontieren dieses Problem mit der von ihnen entwickelten Theorie der arithmetischen Matroide. Arithmetische Matroide sind nun Matroide, welche zusätzlich mit einer sogenannten Vielfachheitsfunktion ausgestattet sind. Diese kann nun je nach Wahl ganz beliebige kombinatorische Daten beinhalten, welche schließlich auch in die Definition des arithmetischen Tutte-Polynoms M (x, y) einfließen. Dieses erweiterte Tutte-Polynom kann nun allerlei weitere Daten der zu Grunde liegenden mathematischen Struktur in sich tragen. Beispielsweise werden wir sehen, dass wir einen arithmetischen Matroid über einem Zonotop im R^n definieren können, dessen arithmetisches Tutte-Polynom zum Ehrhart-Polynom des Zonotops spezialisiert werden kann. Diese Arbeit umfasst vier Teile, in denen wir die wichtigsten Aspekte der Theorie arithmetischer Matroide und ihrer arithmetischen Tutte-Polynome zusammenfassen. Im ersten Teil wiederholen wir die Grundbegriffe der klassischen Matroidtheorie. Anschließend betrachten wir im zweiten Teil die Definition eines arithmetischen Matroids. Wir sehen uns einige grundlegende Beispiele an und formulieren Konzepte wie Darstellbarkeit und Dualität nun für den arithmetischen Fall. Der dritte und größte Teil ist dem arithmetischen Tutte-Polynom gewidmet. Wir sehen einige Verallgemeinerungen von Formeln, die aus der klassischen Matroidtheorie bekannt sind. Anschließend schauen wir uns Anwendungen und Interpretationen des arithmetischen Tutte-Polynoms in konkreten Fällen an. Zu guter Letzt konstruieren wir eine neue Klasse an quasi-arithmetischen Matroiden über Objekten der Zahlentheorie. Diese werden wir schließlich Radikalmatroide taufen, da ihre Vielfachheitsfunktionen durch die Radikalfunktion gegeben sind. Wir erforschen ihren Zusammenhang mit den arithmetischen Matroiden und geben eine vollständige Charakterisierung aller darstellbaren Radikalmatroide an.