Abstract (deu)
Diese Abschlussarbeit beschäftigt sich mit Briefen in Verwaltung und Politik des frühen 16. Jahrhunderts. Im Fokus der Untersuchung stehen die Briefe zwischen habsburgischen Amtsträgern im Zeitraum der Herrschaft Maximilians I. von 1508–1518, die heute zum Großteil in den Beständen der Maximiliana in öffentlichen Archiven zwischen Wien und Innsbruck aufgeteilt sind. Die Korrespondenz des Hofkanzlers Zyprian von Serntein nimmt dabei durchwegs eine zentrale Stellung ein. Die Gattung Brief rangiert in der allgemeinen Briefforschung und spezialisierten Disziplinen zu vormodernem ’Behördenschriftgut’ oft in einer gewissen klassifikatorischen Grauzone, die auf die in der Forschung prägenden Kategorien ’privat’ und ’öffentlich’ bzw. ’offiziell’ zurückzuführen ist. An dieser Grauzone in der historischen Briefforschung und in den diplomatischen Hilfswissenschaften setzt die vorliegende Arbeit an. Mit Rückgriff auf rezente geschichtswissenschaftliche Anwendungen organisationstheoretischer Konzepte gehe ich einerseits von der Wechselwirkung formaler Praktiken auf der ’Vorderbühne’ und informeller Praktiken auf der ’Hinterbühne’ vormoderner Verwaltung aus, andererseits davon, dass auf vormoderne Amtsträger sowohl formale als auch informelle Erwartungen einwirkten, die im Sinne einer für die Epoche charakteristischen Ambiguitätstoleranz widersprüchlich ko-existieren konnten. Briefe zwischen habsburgischen Amtsträgern werden damit als Produkt einer quasi doppelt informellen administrativen Praxis anhand dreier zentraler Aspekte problematisiert: 1) anhand der Frage des Zugangs zu formalen und informellen Kommunikationskanälen, 2) den Praktiken von Soziabilität in Briefen zur Aufrechterhaltung informeller Beziehungen, und 3) der Aufbewahrung und Überlieferung dieser Briefkorpora in staatlichen und privaten Archiven.