Abstract (deu)
Viele Menschen überschätzen die Chancen, in hohe gesellschaftliche Positionen aufzusteigen. Zumeist befinden sich Personen mit privilegierter sozialer Herkunft in Elite-Berufen, die ihnen Macht und Einfluss verleihen. Dadurch prägen sie gesellschaftliche Entwicklungen nach ihren Vorstellungen, ohne soziale Ungleichheiten zu verringern. Ihren Erfolg legitimieren sie zumeist durch die meritokratische Vorstellung, ihre Position durch eigene Leistung erreicht zu haben. Vor diesem Hintergrund thematisiert die vorliegende Arbeit folgende Forschungsfrage: Wie legitimieren Personen in Elite-Berufen ihren Karriereverlauf und -erfolg? Zudem soll Aufschluss gegeben werden, wie sie den Einfluss ihrer sozialen Herkunft auf ihren Berufseinstieg und ihren beruflichen Fortschritt bewerten und inwiefern sie ihren beruflichen Erfolg durch meritokratische Vorstellungen legitimieren. Um diesen Fragen nachzugehen, wurden in einem qualitativen Forschungsdesign neun problemzentrierte Interviews mit Rechtsanwält*innen – stellvertretend für Elite-Berufe – in Wien geführt und mit der konstruktivistischen Grounded Theory ausgewertet. Die interviewten Personen greifen auf drei große Narrative zurück, um ihren Karriereerfolg zu interpretieren: 1. Commitment zu ihrer beruflichen Tätigkeit, indem sie ihre Leistung durch viel und harte Arbeit hervorheben; 2. Die Bedeutung des „people's Business“ im Sinne des richtigen Zusammenpassens und -arbeitens mit anderen Personen; und 3. Die Rolle der sozialen Herkunft, die sich insbesondere in finanzieller Unterstützung und dem von der Familie vermittelten Arbeitsethos zeigt. Das dominante Legitimationsmuster ist für die interviewten Rechtsanwält*innen das Commitment mit der beruflichen Tätigkeit. Hierbei wird häufig übersehen, dass diese Leistungsbereitschaft eng mit der sozialen Herkunft verbunden ist. Dies führt dazu, dass die vorherrschenden Auswahlmechanismen in Elite-Berufen bestehen bleiben, wodurch Menschen ohne den passenden sozialen Hintergrund erschwerten Zugang finden, selbst wenn sie über die erforderlichen Fähigkeiten verfügen. Der Glaube an individuelle Leistung verdeckt den Einfluss der sozialen Herkunft und trägt dazu bei, soziale Ungleichheiten als gerechtfertigt darzustellen und sie zu verfestigen.