Title
lluminierte jüdische Handschriften und jüdische Künstler (Joseftaler Pastoralwoche, Bayern 1990)
Title
Illuminated Manuscripts and Jewish Artists (Joseftaler Pastoral Care week, Bavaria 1990)
Description (de)
Kurzer Überblick über die Ansätze jüdischer Bildkunst in der Spätantike: Monumentalkunst im mittleren Osten
6. Jh.: Plötzliches Aufgeben der figuralen Malerei, welches mit einem neuen Nationalbewusstsein zu tun hat (Aufgeben der griechischen Sprache zu Gunsten des Hebräischen im Gottesdienst); Rückbesinnung auf das biblische Bilderverbot, mitunter auch unter Zerstörung von künstlerischen Zeugnissen. Davon abgesehen wirkt auf die jüdische Kultur auch die Bilderfeindlichkeit des Islam
Neue Ansätze erfolgen im 13. Jh. im Westen, wo eine reiche Tradition der Handschriftenkunst existiert. Diese wurde vor dem 13. Jh. vorwiegend in Klöstern geübt, wobei sich seit ca. 1200 der Schwerpunkt auf städtische Laienwerkstätten verlagert.
Jüdisches Interesse an der Handschriftenkunst stößt mitunter auf Kritik rabbinischer Autoritäten. Joseph der Eiferer (Hameqanne), Frankreich, Mitte des 13. Jh. Seine Auslegung des Bilderverbotes mag dazu beigetragen haben, dass in der jüdischen Kunst oft Tierköpfe an menschlichen Figuren, bzw. verdeckte Gesichter (nur innerhalb der Gebiete des heutigen Deutschland) zu finden sind.
Zu den frühesten Zeugnissen der aschkenasischen Handschriftentradition gehört die Aschkenasische Bibel in der Biblioteca Ambrosiana (vgl. Vortrag „Bilder zur Bibel im Judentum“): Genesisinitiale (Sündenfall): Adam und Eva sind mit verdeckten Gesichtern, bzw. von hinten dargestellt. Am Ende des Pentateuch ausführlichere Darstellungen zum Buch Ruth, sowie der Gerechten beim endzeitlichen Mahl (Verzehrung der messianischen Tiere Behemot, Leviathan und Ziz, entspricht dem Alphabet des Rabbi Aqiba), und schließlich ein Bild der sieben Himmel mit den vier Kreaturen aus dem Buch Ezechiels (entspricht Vorstellungen der spätantiken Merkabhaliteratur)
Raschikommentar in München – älteste datierte Handschrift mit Illustrationen, Würzburg 1233 (Besuch der drei Engel bei Abraham) – die Ikonographie dieses Raschi-Kommentares ist untypisch, da sonst in diesen Texten nur Skizzen des Tempelplans zu finden sind
In Iberia hingegen, wohl unter Einfluss der islamischen Kultur, wurde fast völlig von der figuralen Darstellungsweise abgesehen. Eine Ausnahme bildet die sogenannte Cervera Bibel (Lissabon), 1299–1300, deren Illuminator namentlich in einem eigenen Kolophon genannt ist: Josef der Franzose: Zacharias Vision in einer seltenen Darstellung; Schiffsreise des Jonas (mit menschlichen Figuren)
Während des 15. Jh. wurde die Cervera Bibel in La Coruña, Galicia aufbewahrt, wo sie 1476 als Modell für die Herstellung der Ersten Kennikott Bibel diente. Diese wurde von dem ebenfalls namentlich bekannten Maler Josef ibn Chayyim illuminiert.
Pesach Haggadot sind sowohl aus dem aschkenasischen, als auch aus dem sefardischen Raum bekannt. Das früheste aschkenasische Beispiel entstand ca. 1300 in Süddeutschland (vielleicht in Würzburg) und ist als Vogelkopf Haggada bekannt (Israel Museum) – s. Vorträge „Jüdische Buchmalerei in Deutschland“ – Folie 1, 2, 3. In Aschkenasischen Haggadot erscheinen die Illustrationen als ungerahmte Randillustrationen.
In sefardischen Haggadot hingegen erscheint ein fortlaufender Bibelzyklus, der nicht direkt dem Text der Haggada angeschlossen ist: Goldene Haggada (British Library); die Bibelszenen sind mitunter mit Elementen aus der Auslegungsliteratur (Midrasch) erweitert (Noageschichte, Turmbau zu Babel mit einer Darstellung der sich gegenseitig umbringenden Bauleute, eine Legende die auf Genesis Rabba beruht, Abraham im Feuerofen)
Koburg Pentateuch, aus Koburg, erste Hälfte des 15. Jh. Am Ende des Buches Leviticus erscheint die Darstellung eines Lehrers und seiner Schüler innerhalb eines aufwendig gestalteten Architekturrahmens. Es handelt sich hierbei um die älteste Darstellung der Veste Koburg.
Der interessanteste namentlich bekannte Schreiber und Maler war Joel ben Simeon, ursprünglich aus dem Rheinland, der um die Mitte des Jahrhunderts nach Italien abwanderte. Seine Laufbahn kann anhand von ca. 20 Handschriften rekonstruiert werden, unter denen sich besonders viele Haggadot befinden. Besonders zu erwähnen ist die sogenannte Londoner Haggada (BL, Add. 14762), von ca. 1460. Der Auszug der Kinder Israels aus Ägypten und ihre Verfolgung durch das pharaonische Heer zeigt besonders deutlich, wie sehr Joel sich den Stil der Italienischen Malerei angeeignet hat.
Die Betrachtung von Joel’s Werk führt bereits auf den frühneuzeitlichen Buchdruck hin. Von besonderem Interesse ist die handgezeichnete Kopie einer Bilderbibel mit Holzschnitten zum gesamten Pentateuch. Das Original ist nicht erhalten, kann aber dem Venezianischen Künstler Moses dal Castellazzo zugeordnet werden. Dal Castelazzo verwendete eine große Fülle von Vorlagen, sowohl christlicher als auch jüdischer Herkunft. Zahlreiche seiner Darstellungen verarbeiten jüdisches Legendenmaterial.
Die älteste aschkenasische Pesachhaggada wurde 1526 in Prag von Gerschon Kohen gedruckt, gefolgt 1560 von der sogenannten Mantua Haggada, und 1609 von der venezianischen Haggada. Im 17. Jh. entstand die Haggada von Amsterdam, einem neuen Zentrum des jüdischen Buchdrucks. Während die älteren gedruckten Haggadot mit Holzschnitten ausgestattet waren, enthält die Amsterdamer Haggada eine Serie von Kupferstichen. Sie wurden von einem Konvertiten, einem ehemaligen Priester hergestellt, der Vorlagen des Matthäus Merian verarbeitete.
Im 18. Jh. entwickelte sich eine neuerliche Tradition handgeschriebener und bemalter Pesachhaggadot, die von Hofjuden in Auftrag gegeben wurden. Die Schreiber und Maler kamen vorwiegend aus Wien und Mähren; zu den bedeutendsten unter ihnen gehöre Josef ben David aus Leipnitz, der in zahlreichen deutschen Städten eine große Klientel versorgen konnte. Echos dieser Tradition können bis nach Norddeutschland, nach Altona verfolgt werden.
(Autorin: Katrin Kogman-Appel)
Das dazugehörige Bildmaterial, welches vom Center of Jewish Art (Hebrew University, Jerusalem) zusammengestellt wurde findet sich unter: http://phaidra.univie.ac.at/detail_object/o:525990
Description (en)
Short overview of the approaches to Jewish pictorial art in late Antiquity: monumental art in the Middle East
6th Century: Sudden breaking off of figurative painting, related to a new “national” awareness (giving up the Greek language in favour of Hebrew in the religious service); Reverting back to the Biblical prohibition of images, as well as the destruction of artistic evidence. Additionally, Islam’s hostility towards images also affects the Jewish culture.
New approaches follow in the 13th century in the West, where a rich tradition of book art exists. This was primarily exercised in convents, with a shift towards urban lay workshops occurring in around 1200.
Jewish interest in manuscript painting repeatedly meets with criticism from Rabbinic authorities. Joseph the Zealot (Hameqanne), France, mid 13th century. His interpretation of the prohibition of images may have contributed to the fact that in Jewish art animal heads often replaced human ones, or that the faces were covered (only in the region of what is now Germany).
Among the earliest evidence of Ashkenazi book art one can find the Ashkenazi Bible in the Biblioteca Ambrosiana (see lecture Bible Images in Judaism): Genesis Initials/the Fall): Adam and Eva are seen with covered faces, and from behind. At the end of the Pentateuch there are more detailed representations of the Book of Ruth, as well as of the Just at the last meal (eating of the Messianic animals Behemot, Leviathan and Zit corresponds to the alphabet of the Rabbi Aqiba) and finally a picture of the seven heavenly spheres with the four creatures from the book Ezekiel (corresponds to the imagery of late antiquity Merkabah literature.
Rashi Commentary in Munich: the oldest dated manuscript with illustrations, Würzburg 1233 (visit of the three angels to Abraham), the iconography of this Rashi commentary is a typical, as otherwise only sketches of the temple plan are to be found in these texts.
In Iberia on the other hand, figural representations were almost completely abstained from, probably under the influence of Islamic culture. The so-called Cervera Bible (Lisbon) 1299-1300 is an exception. Its illuminator is named in a colophon of his own: Josef the French: Zacharia’s vision in an unusual representation: Jonas’s ship journey (with human figures).
During the 15th century the Cervera Bible was preserved in La Coruña, Galicia, where in 1476 it was used as a model for the making of the first Kennikott Bible. This was illuminated by Josef, ibn Chayyim.
Passover Haggadot are known both in the Ashkenazi and in the Sephardi traditions. The earliest Ashkenazi Bible comes from around 1300 from Southern Germany, perhaps Würzburg and is known as the Bird’s Head Haggadah (Israel Museum), see lectures Jewish Book Illumination in Germany, slide 1, 2, 3. In the Ashkenazi Haggadot illustrations appear unframed and in the margins.
In the Sephardi Haggadot however, there is a continuous biblical cycle, which does not directly connect to the Haggada text: Golden Haggadah (British Library); the Bible scenes are sometimes enriched with elements from commentary literature (Midrash) (the story of Noah, the tower of Babel with a representation of the builders killing each other, a legend originating in the Genesis Rabba, Abraham in the fiery furnace.
Coburg Pentateuch from Coburg, first half of the 15th century. At the end of the book of Leviticus there is the image of a teacher and his student within an intricate architectural setting. This is the oldest representation of the Coburg Fortress.
The most interesting scribe and painter to be known by name was Joel ben Simeon, originally from the Rhineland, who moved to Italy in the middle of the century. His life story can be reconstructed with the help of about twenty manuscripts, among which there are particularly many Haggadot. Of special interest is the so-called London Haggada (BL, Add. 14762) from around 1460. The departure of the children of Israel from Egypt and their persecution by the Pharaoh’s army clearly shows how much Joel had adopted the style of Italian painting.
Contemplating Joel’s work leads us to early modern book printing. Of particular interest is the signed copy of a picture Bible with woodcuts for the whole Pentateuch. The original has not been preserved, but can be ascribed to the Venetian artist Moses dal Castellazzo. Dal Castellazzo used a great variety of models of both Christian and Jewish origin. Many of his pictures use Jewish legends.
The oldest Ashkenazi Passover Haggada was printed in 1526 in Prague by Gerschon Kohen. It was followed by the so-called Mantua Haggada in 1560 and the Venetian Haggada in 1609. In the 17th century the Amsterdam Haggada was printed, the city becoming a new centre for Jewish book printing. Whereas the older printed Haggadot were endowed with woodcuts, the Amsterdam Haggada now had a series of copper engravings. It was produced by a convert, a former priest, who used the models by Matthew Merian.
In the 18th century a new tradition arose of handwritten and painted Passover Haggadot commissioned by court Jews. The writers and painters came mainly from Vienna and Moravia. Among the most important were Josef ben David from Leibnitz, who was able to gain a large clientele from the many German cities. Echoes of this tradition can be followed all the way up to to Northern Germany, to Altona.
(Translator: Joan Avery)
The Corresponding illustrations, selected by the Center of Jewish Art (Hebrew University, Jerusalem), can be found here: http://phaidra.univie.ac.at/detail_object/o:525990