Abstract (deu)
Filme und Serien wie Eternal Sunshine of the Spotless Mind, Lola rennt und How I Met Your Mother etablieren zunehmend subjektive, fragmentierte, assoziative Erzählformen. Es stellt sich die Frage, weshalb gerade heute diese Veränderungen bei populären Erzählungen auftreten. In dieser Diplomarbeit wird ausgehend von einem kulturwissenschaftlichen, historisch-soziologischen Standpunkt argumentiert, dass Wechselwirkungen und Parallelen zwischen den neuartigen Codes und Praktiken der Social Media und der Transformation von Film- und Fernsehnarrativen bestehen. Basierend auf Andreas Reckwitz’ Ansatz zum “hybriden Subjekt” wird das Subjektmodell der “Participatory Culture” als hybride Formation von Elementen aus früheren Subjektkulturen definiert, in deren Zentrum die digitale Selbstnarration auf Blogs, Social Network Sites und Content Communitys wie YouTube und Flickr steht. Bisherige Theorien wie jene von David Bordwell, Marie-Laure Ryan, Janet Murray oder Thomas Elsaesser haben bereits Ähnlichkeiten zwischen den Computertechnologien und den aktuellen, komplexen Narrativen aufgezeigt. Die vorliegende Arbeit bezieht die Social Media als bislang vernach- lässigte Einflussgröße mit ein und berücksichtigt den Wandel der Subjektkultur, in welcher die Erzählformen eingebettet sind, um die Kategorie des “Social Network Narrative” zu entwickeln. Im Zuge dessen werden die zehn meistgenutzten Social Media Plattformen auf kommunikative Praktiken und Funktionen untersucht, die im Detail anhand von Facebook und Twitter illustriert werden. Anschließend werden How I Met Your Mother und Vantage Point mit der Terminologie von Gérard Genette und Seymour Chatman analysiert und unter dem Gesichtspunkt des “Social Network Narrative” exemplarisch interpretiert. Zu den spezifischen Praktiken auf Facebook und Twitter zählen Sharing, Feedback, Verknüpfen, assoziatives Browsen und gezieltes Suchen. Die meist kollaborativen Erzählungen entstehen im Wechselspiel aus subjektivem “Telling” und dokumentarischem “Showing” unter anderem durch experimentelle Wahlentscheidungen beim Auswählen, Sortieren und Rekombinieren bestehender Inhalte. Die Entwicklung populärer Narrative zur transmedialen Erweiterung der Diegese, an deren Entschlüsselung und Erzählung die Prosumer aktiv mit Hilfe der Social Media partizipieren sollen, befindet sich allerdings noch am Anfang, weshalb das “Social Network Narrative” als ein Beitrag zur wissenschaftlichen Aufarbeitung und Systematisierung der neuartigen Erzählstrategien zu verstehen ist, der keinen Anspruch auf Endgültigkeit erhebt.