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Title (deu)
Der Avantgarde neue Kleider
Theoriegeschichte einer kulturellen Revolution
Parallel title (eng)
The avant-garde's new clothes
a history of theory during the Cultural Revolution
Author
Jonas Matthias Mirbeth
Adviser
Burkhardt Wolf
Assessor
Klaus Birnstiel
Assessor
Annette Keck
Abstract (deu)
Das revolutionäre Jahr 1968 nimmt angesichts der Verbindung von antikolonialem Protest und klassenkämpferischer Theoriebildung einen besonderen Stellenwert im Forschungsfeld der Theoriegeschichte ein. In zahlreichen Zeitschriftenaufsätzen von Roland Barthes, John Cage, Julia Kristeva, Jacques Rancière sowie Christian Wolff findet sich bis in die Mitte der 1970er Jahre immer wieder die maoistische Figur der revolutionären Massen. Gegenstand des Dissertationsprojektes ist damit das Verhältnis, bei dem die Vertreter der Theorie- und Avantgardediskurse zeitweilig im Bann der chinesischen Kulturrevolution (1966 bis 1976) standen. Die Verbindungslinien zwischen der französischen Theorieproduktion, ihrer Rezeption in den USA sowie der US-amerikanischen Avantgardeliteratur zeigen, dass die Kulturrevolution in eine der ‚Ursprungserzählungen‘ der westlichen Theoriegeschichte eingeschrieben ist. Mao Zedongs Theorie der Massenlinie und seine Skepsis gegenüber dem bürokratischen Kaderapparat machten aus der Kulturrevolution eine Erzählung, in der es keine Meister gab. In der Realität aber hatte der ab 1949 aufgebaute bürokratische Apparat ein System zur Erfassung personenbezogener Daten und eine ausdifferenzierte Klassengesellschaft auf den Weg gebracht. Angesichts der Millionen Opfer, der staatlichen Repression und des Ringens der Partei um ihren Machterhalt enden mögliche Parallelen zwischen der Kulturrevolution und den westlichen Protestbewegungen von Achtundsechzig. Das Dissertationsvorhaben zeigt, dass die Erzählung über Meisterschaft – zentral sowohl für das Forschungsfeld von Theorie- als auch Intellektuellengeschichte – hierbei das entscheidende Faszinationsmoment markiert. Die Schriften Maos animierten die Komponisten Cage und Wolff zu Beginn der 1970er Jahre, politische Herrschaft mit Blick auf die Rolle der Arbeiterbewegung zu hinterfragen; ab 1974 beschrieben Barthes, Kristeva und Rancière die Ereignisse während der Kulturrevolution zunehmend unter der Perspektive von Geschlecht und Klassendiskurs. Anstelle einer Revolution der poetischen Sprache rückten Fragen der gesellschaftlichen Hegemonie in den Fokus der ‚Theorie‘. Das Vorhaben erklärt diese Entwicklung, die insbesondere aus ihrer transnationalen Übersetzungsgeschichte zu denken ist. Denn erst in den USA und vor dem Hintergrund der Emanzipationsbewegungen dort entstand der intellektuelle sowie interdisziplinäre Grenzen überwindende Stil der Theoriediskurse.
Abstract (eng)
The revolutionary year of 1968 occupies a special place in the research field of the history of theory (Theoriegeschichte) as the connection between philosophy, literary theory, and the anti-colonial protest movements of the 1960s is ever present. Until the mid-1970s, Roland Barthes, John Cage, Julia Kristeva, Jacques Rancière, and Christian Wolff drew from the image of the revolutionary masses in Mao Zedongs’s writings. This dissertation project investigates the relationship in which Western intellectuals and avant-garde writers were temporarily fascinated by the Chinese Cultural Revolution (1966 to 1976). Mao’s skepticism towards the bureaucratic apparatus turned the Cultural Revolution into a narrative in which there were no masters. In reality, however, the bureaucratic apparatus built up from 1949 onwards had set in motion a system for recording personal data and a differentiated class society in China. In view of millions of victims, state repression, and the party’s struggle to retain power, possible parallels between the Cultural Revolution and the Western protest movements of 68 come to an end. However: At the beginning of the 1970s, Mao’s writings inspired the composers Cage and Wolff to question political rule regarding the role of the workers’ movement; from 1974 onwards, Barthes, Kristeva, and Rancière increasingly described the events during the Cultural Revolution from the perspective of gender and class discourse. Revolutionary approaches in poetic language thus changed because of the writers’ growing interest in questions of social hegemony. The project traces this development; one that must be considered in particular from the perspective of its transnational history of translation. For it was only in the United States of America that the intellectual and interdisciplinary French Theory emerged.
Keywords (deu)
AvantgardeGeschichte des SozialismusJohn CageTel QuelTheoriegeschichte
Keywords (eng)
Avant-gardeCultural RevolutionHistory of SocialismHistory of TheoryJohn CageTel Quel
Subject (deu)
Type (deu)
Persistent identifier
https://phaidra.univie.ac.at/o:2037025
rdau:P60550 (deu)
253 Seiten
Number of pages
253
Members (1)
Title (deu)
Der Avantgarde neue Kleider
Theoriegeschichte einer kulturellen Revolution
Parallel title (eng)
The avant-garde's new clothes
a history of theory during the Cultural Revolution
Author
Jonas Matthias Mirbeth
Abstract (deu)
Das revolutionäre Jahr 1968 nimmt angesichts der Verbindung von antikolonialem Protest und klassenkämpferischer Theoriebildung einen besonderen Stellenwert im Forschungsfeld der Theoriegeschichte ein. In zahlreichen Zeitschriftenaufsätzen von Roland Barthes, John Cage, Julia Kristeva, Jacques Rancière sowie Christian Wolff findet sich bis in die Mitte der 1970er Jahre immer wieder die maoistische Figur der revolutionären Massen. Gegenstand des Dissertationsprojektes ist damit das Verhältnis, bei dem die Vertreter der Theorie- und Avantgardediskurse zeitweilig im Bann der chinesischen Kulturrevolution (1966 bis 1976) standen. Die Verbindungslinien zwischen der französischen Theorieproduktion, ihrer Rezeption in den USA sowie der US-amerikanischen Avantgardeliteratur zeigen, dass die Kulturrevolution in eine der ‚Ursprungserzählungen‘ der westlichen Theoriegeschichte eingeschrieben ist. Mao Zedongs Theorie der Massenlinie und seine Skepsis gegenüber dem bürokratischen Kaderapparat machten aus der Kulturrevolution eine Erzählung, in der es keine Meister gab. In der Realität aber hatte der ab 1949 aufgebaute bürokratische Apparat ein System zur Erfassung personenbezogener Daten und eine ausdifferenzierte Klassengesellschaft auf den Weg gebracht. Angesichts der Millionen Opfer, der staatlichen Repression und des Ringens der Partei um ihren Machterhalt enden mögliche Parallelen zwischen der Kulturrevolution und den westlichen Protestbewegungen von Achtundsechzig. Das Dissertationsvorhaben zeigt, dass die Erzählung über Meisterschaft – zentral sowohl für das Forschungsfeld von Theorie- als auch Intellektuellengeschichte – hierbei das entscheidende Faszinationsmoment markiert. Die Schriften Maos animierten die Komponisten Cage und Wolff zu Beginn der 1970er Jahre, politische Herrschaft mit Blick auf die Rolle der Arbeiterbewegung zu hinterfragen; ab 1974 beschrieben Barthes, Kristeva und Rancière die Ereignisse während der Kulturrevolution zunehmend unter der Perspektive von Geschlecht und Klassendiskurs. Anstelle einer Revolution der poetischen Sprache rückten Fragen der gesellschaftlichen Hegemonie in den Fokus der ‚Theorie‘. Das Vorhaben erklärt diese Entwicklung, die insbesondere aus ihrer transnationalen Übersetzungsgeschichte zu denken ist. Denn erst in den USA und vor dem Hintergrund der Emanzipationsbewegungen dort entstand der intellektuelle sowie interdisziplinäre Grenzen überwindende Stil der Theoriediskurse.
Abstract (eng)
The revolutionary year of 1968 occupies a special place in the research field of the history of theory (Theoriegeschichte) as the connection between philosophy, literary theory, and the anti-colonial protest movements of the 1960s is ever present. Until the mid-1970s, Roland Barthes, John Cage, Julia Kristeva, Jacques Rancière, and Christian Wolff drew from the image of the revolutionary masses in Mao Zedongs’s writings. This dissertation project investigates the relationship in which Western intellectuals and avant-garde writers were temporarily fascinated by the Chinese Cultural Revolution (1966 to 1976). Mao’s skepticism towards the bureaucratic apparatus turned the Cultural Revolution into a narrative in which there were no masters. In reality, however, the bureaucratic apparatus built up from 1949 onwards had set in motion a system for recording personal data and a differentiated class society in China. In view of millions of victims, state repression, and the party’s struggle to retain power, possible parallels between the Cultural Revolution and the Western protest movements of 68 come to an end. However: At the beginning of the 1970s, Mao’s writings inspired the composers Cage and Wolff to question political rule regarding the role of the workers’ movement; from 1974 onwards, Barthes, Kristeva, and Rancière increasingly described the events during the Cultural Revolution from the perspective of gender and class discourse. Revolutionary approaches in poetic language thus changed because of the writers’ growing interest in questions of social hegemony. The project traces this development; one that must be considered in particular from the perspective of its transnational history of translation. For it was only in the United States of America that the intellectual and interdisciplinary French Theory emerged.
Keywords (deu)
AvantgardeGeschichte des SozialismusJohn CageTel QuelTheoriegeschichte
Keywords (eng)
Avant-gardeCultural RevolutionHistory of SocialismHistory of TheoryJohn CageTel Quel
Subject (deu)
Type (deu)
Persistent identifier
https://phaidra.univie.ac.at/o:2065643
Number of pages
253