Abstract (deu)
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Frage wie Sexualität in die Entwicklungszusammenarbeit aufgenommen werden kann und welche umgestaltende Macht und Möglichkeit Sexualität als eine Sphäre darin haben kann. Genauer gesagt möchte ich eine Brücke bilden zwischen modernen und postmodernen sowie poststrukturellen Konzeptionen von Entwick-lung und dem Ansatz eines „guten“ menschlichen Lebens im Bereich von Sexualität.
Eines der acht Millenniumsentwicklungsziele ist es, bis zum Jahr 2015, HIV/AIDS den Kampf anzusagen, genau so wie die Gleichstellung von Frauen zu fördern. Da über HIV/AIDS oder die Gleichstellung von Frauen nicht gesprochen werden kann, ohne auch Sexualität mit einzubeziehen, setze ich mich der Problematik „Sexualität in der Entwick-lungszusammenarbeit“ in meiner Arbeit auseinander.
Sexualität wurde vielfach nur als zweitrangig bzw. als nicht relevant für Entwicklungsfragen gesehen, da menschliche Bedürfnisse, wie Bildung, Unterkunft und Beschäftigung, als die zentralen Hauptanliegen und Ziele der Entwicklungszusammenarbeit zählen. Sexualität wurde außerdem vielfach als eine private Sache angesehen, von der sich die Entwicklungspolitik und Zusammenarbeit distanzieren soll. Somit wurde Sexualität eine lange Zeit nur im Kontext von Gesundheit gesehen oder aber mit Bevölkerungspolitik in Verbindung gebracht. Jedoch, durch die Verbreitung von HIV/AIDS wurde es möglich, dass Sexualität ein eigener Platz eingeräumt wurde, wiederum aber nur mit einem Verständnis von einer negativen Auffassung von Sexualität, die Gefahren (Geschlechtskrankheiten, ungewollte Schwangerschaften, sexu-ellen Missbrauch, etc.) beinhaltet.
In den letzten zwei Jahrzehnten wurde ein neuer Menschenrechtsbasierender Diskurs in die Entwicklungszusammenarbeit und Entwicklungspolitik eingeführt, der Entwicklung eng mit den Menschenrechten verbunden hat. Menschenrechte, die anfänglich oftmals Frauen ausge-schlossen haben, da sie ein sehr männliches Bild des Menschen unterstützt hatten, wurden durch verschiedene Feministen_innen und Frauenrechtler_innen ausgeweitet, welche die spe-ziellen und partikularen Rechte der Frauen eingefordert hatten. Diese Bewegung ermöglichte es auch den Diskurs und die Forderungen nach sexuellen Rechte voranzutreiben, welche die Einbeziehung von Sexualität in die Entwicklungspolitik und -zusammenarbeit als essentiell verstehen, da Sexualität Geschlechterbeziehungen und die Unterdrückung der Frauen und anderer sexueller Dissident_innen beeinflusst, diese aber auch verbessern könnte.
1993 auf der Wiener Weltkonferenz für Menschenrechte, wurde zum ersten Mal ein direkter Bezug zwischen Menschenrechten und Sexualität bestätigt. Daraus folgten unzählige Konfe-renzen und Deklarationen, in denen versucht wurde, sexuelle Rechte „salonfähig“ zu machen und sich um deren internationale Anerkennung zu bemühen.
Ziel meiner Arbeit soll zum Ersten sein, aufzuzeigen welche Relevanz und warum Sexualität eine essentielle Rolle in der Entwicklungszusammenarbeit spielt und welche Probleme (Kate-gorisierung, Macht, koloniale Annahmen) damit auftreten. Zum Zweiten habe ich versucht den Gegenstand „Sexualität“ in der Entwicklungszusammenarbeit anhand von FeministInnen aus unterschiedlichen Strömungen zu beleuchten. Martha Nussbaum, als eine liberale Femini-stin, sieht die Notwendigkeit darin, ein „framework“ zu schaffen, mit Hilfe dessen es möglich ist, Richtlinien und Strategien für die realpolitische Umsetzung von ihren so definierten le-bensnotwendigen Indikatoren in der EZA zu erstellen. Diese verknüpfe ich anschließend mit den sexuellen Rechten, da ich hier eine wichtige Verbindung und einen Zusammenhang sehe.
Jedoch ausgehend von der Annahme, dass liberale (feministische) Konzepte, wie der ‚capabi-lity approach’ oder sexuelle Rechte zu kurz fassen, da sie von einem essentialistischen und universellen Menschenbild ausgehen, möchte ich mithilfe von feministischen TheoretikerIn-nen, die in der postkolonialen, poststrukturalistischen und queeren Tradition stehen, versu-chen zu eruieren, wie sexuelle Rechte in einer anderen Form verwendet werden könnten, um ein Konzept zu schaffen, das nicht wiederum Menschen aufgrund von bestimmten Charakteri-stiken oder Identitäten ausgrenzt.