Abstract (deu)
Die vorliegende Masterarbeit beschäftigt sich mit der prekären Situation von Roma-Kindern im slowakischen Bildungssystem, das trotz internationaler Verpflichtungen und Konventionen große Unterschiede in den Bildungschancen dieser Kinder aufweist. Basierend auf der Diskursanalyse von Fairclough (2010) werden gegenwärtige Publikationen von slowakischen und internationalen (Bildungs-)Forschern in Bezug auf Hindernisse und Empfehlungen zur Entwicklung einer inklusiven Bildung untersucht. Inklusive Bildung wird demnach als die beste Möglichkeit betrachtet, den Roma -Kindern qualitativ hochwertige Bildung zukommen zu lassen. Im Gegenteil wird die derzeitige Situation der segregierten Schulen und folglich Ungleichheit von Bildungsmöglichkeiten als diskriminierend angesehen, da sie die Kinder daran hindert der Armut zu entkommen und so die Situation der Roma in der Slowakei, die sich durch Arbeitslosigkeit, Abhängigkeit von Beihilfe, Rassendiskrimination und Isolation auszeichnet, nur verschärft.
In diesem Sinne versucht die Arbeit darauf aufmerksam zu machen, dass gerade das monokulturelle Bildungssystem der Slowakei, zusammen mit frühzeitigen kulturell und sozialschichtunsensiblen Diagnosemitteln die Überrepräsentanz von Roma (vor allem solcher, die aus sozial benachteiligten Verhältnissen stammen) in Sonderschulen verursacht. Darüber hinaus wird aufgezeigt, dass die Regierung diese Überrepräsentanz offiziell nicht anerkennt, da keine genaue Anzahl von Roma-Kindern in den Sondereinrichtungen, wie auch deren Leistungen, erforscht wird. Weiterst wird argumentiert, dass die Inkompatibilität von Standard- und Sonderschullehrplänen die Wiedereingliederung der Kinder entscheidend beeinträchtigt, während der Versuch diese Kinder in segregierten Sondereinrichtungen beizubehalten sichtbar ist. Dieser Umstand lässt den Einfluss des normativen Finanzierungssystems, wie auch der traditionellen Stellung des Sonderschulwesens, welches Widerstandsfähigkeit gegenüber jeglichen Innovationen aufzeigt, erkennen. Diese Beibehaltung des Sonderschulwesens für Roma wird zudem von dem Wunsch vieler nicht-Roma Eltern bekräftigt, die die Ansicht vertreten Roma-Kinder würden im wesentlichen die Qualität des Unterrichts beeinträchtigen, da sie im allgemeinen der Bildung gegenüber eine negative Haltung hätten. In der Arbeit wird jedoch darauf hingewiesen, dass dieses Scheitern vieler Roma-Kinder eher den schlechten Erfahrungen mit dem slowakischen Bildungssystems und der Angst vor Assimilation zuzurechnen ist, wobei über viele Jahre hinweg die mieseren Bedingungen von Armut (schlechte Wohnbedingungen, fehlende Arbeitsgewohnheiten, niedriges Bildungsniveau der Eltern, begrenzte Teilnahme an der vorschulischen Erziehung), geringe Erwartungen des Schulsystems auf positive Leistungen, die Rassendiskriminierung, wie auch die Methoden und Lehrpläne nicht sensibel auf die spezifischen Merkmale der Roma, zu einer Abneigung dieser gegenüber dem Bildungssystem geführt hatten. Darüber hinaus wird argumentiert, dass das Ignorieren der dargestellten Hindernisse der Regierungen und somit das Fehlen von systemischen Lösungen, die Widerstandsfähigkeit für positive Veränderungen der Lage der Roma-Schüler in der Slowakei verursachen.
Auf diesen Erkenntnissen aufbauend werden Empfehlungen für Veränderungen analysiert und gegenüber den Zielen eines inklusiven Schulsystems abgewogen, in dem kulturelle und soziale Verschiedenheit als Gelegenheit zum Lernen von Toleranz und Partizipation angesehen wird, wobei auf Bedürfnisse aller Kinder eingegangen werden soll und deren individuelles Potenzial bestmöglich gefördert werden. In diesem Sinne soll die Aufzeigung von wissenschaftlichen Forschungen aus Großbritannien, die Bildungsleistungen von Roma-Migranten aus der Slowakei und der Tschechischen Republik in deren Bildungssystem untersuchen, einen internationale Vergleich bringen und zur Argumentation dienen, indem systemische Veränderungen in Form einer inklusiven Schule Erfolge bringen könnten und gleichzeitig die verbreitete Meinung vieler slowakischen Psychologen, alle Roma wären „intellektuell behindert“ wiederlegen. Außerdem bieten die internationalen Forschungen Anregungen, wie die Schulen auch ohne legislative Änderungen anfangen können mit Hilfe des „Index für Inklusion“ die Inklusivität ihrer Einrichtung selbst zu evaluieren und so beginnen, die Situation von Roma-Kindern lokal zu verändern.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Arbeit den Diskurs über Empfehlungen zur Verbesserung der Bildungslage von Roma-Schülern in der Slowakei kritisch analysiert und versucht solche Strategien hervorzuheben, die nicht nur zur Integration führen könnten, sondern das Potenzial zur Inklusion haben – also zur Wertschätzung von kultureller Vielfalt durch gemeinsame Partizipation aller Kinder an der Bildung. Die Autorin dieser Arbeit ist der Überzeugung, dass der Aufbau eines inklusiven Bildungssystems in der Slowakei nicht nur legislative Änderungen(wie auch Förderprogramme für Roma aus sozial benachteiligten Verhältnissen) beansprucht wie sie von den verschiedenen untersuchten Autoren empfohlen werden, sondern auch einen viel stärkeren Fokus auf eine bessere Ausbildung von qualifizierten Lehrern die über individuelleren Zugang und neue Methoden (wie auch deren Zusammenarbeit mit Sonderschullehrern, Heilpädagogen und anderen Experten) alle Kinder fördern lernen. Was aber im Umbauprozess am bedeutendsten erscheint und von der Arbeit hervorgehoben wird, weil es Empfehlungen für neue Strategien und Programme, wie auch deren Erfolg beeinflusst, ist die Einstellung der slowakischen Majorität gegenüber gemeinsamer Bildung von Roma und nicht-Roma, wie auch der Einstellung der Roma der Bildung gegenüber selber. Hierbei wird der Einsatz von Roma-Lehrerassistenten empfohlen, die als Vorbilder für Roma-Kinder und vor allem als Mediatoren zwischen Schule und Roma-Familie dienen könnten und so die Kommunikation und Einbindung der Eltern im Bildungsprozess ihrer Kinder verbessern könnten. Diese hätte wiederum positive Auswirkungen auf Teilnahme und Leistung der Kinder in Schulen. In diesem Sinne wird die positive Partizipation von Roma-Kindern in Standardschulen nicht nur als Möglichkeit gesehen der eigenen Armut zu entkommen, sondern auch der Majorität die Möglichkeit geben positive Erfahrungen mit Roma-Kindern bereits in frühen Kinderjahren zu machen und so die Entstehung von negativen Einstellungen diesen gegenüber vorzubeugen. Gemeinsames Lernen wird jedoch nicht nur als Prädisposition für zukünftiges gemeinsames Zusammenleben erachtet, sondern vielmehr als derzeitiges Recht der Roma-Kinder auf Chancengleichheit angesehen.