Abstract (deu)
Diese Arbeit beschäftigt sich mit aktuellen Bildern und Diskursen über Mutterschaft in Tschetschenien und in Österreich und den Auswirkungen dieser auf die Identitätskonstruktionen tschetschenischer Mütter in Österreich. Dazu wurden mit sieben tschetschenischen Müttern, die in Niederösterreich leben, problemzentrierte Interviews durchgeführt. In der traditionellen tschetschenischen, patriarchal und patrilokal organisierten Gesellschaft kommt der Frau grundsätzlich eine untergeordnete Stellung zu und das tschetschenische Frauenbild ist eng mit dem der Mutter verwoben. Durch die Mutterrolle und mit dem Alter steigt ihr Status. Auch in Österreich werden Frauen in erster Linie mit Attributen wie "Opferbereitschaft" und "Hingabe" in Verbindung gebracht.
Zusätzlich spielen Mütter in ethno-nationalen Diskursen, wie sie sowohl in Tschetschenien als auch in tschetschenischen MigrantInnencommunities in Österreich verhandelt werden, eine wichtige Rolle als Traditionserhalterinnen, Reproduzentinnen der ethnischen Gruppe und dienen als Symbol für ethnische Identität.
Diese Arbeit zeigt auf, was Mutterschaft für die Frauen und für ihre Identität als Frauen und als Tschetscheninnen in Österreich bedeutet.
Es wird dargestellt, wie über die Mutterrolle und über praktische Tätigkeiten wie Kindererziehung nicht nur geschlechtliche sondern auch ethnische Identitäten verhandelt werden, wie in der Migration innerfamiliäre Geschlechterverhältnisse neu ausgehandelt werden und wie sich ethnische Identität auch in Abgrenzung zur österreichischen Mehrheitsgesellschaft konstituiert, wobei ebenfalls die Stellung und das Verhalten von Frauen und Müttern eine entscheidende Rolle spielen. Weiters kann gezeigt werden, dass seitens der ethnischen Gemeinschaft auf alle Frauen sozialer Druck ausgeübt wird, ethnisch spezifischen Geschlechterrollen zu entsprechen und an die nächste Generation, vor allem die Töchter, weiterzugeben, um Gruppengrenzen aufrecht zu erhalten.