Abstract (deu)
Manche auf Ruthenium und Osmium als Zentralatomen basierende Koordinationsverbindungen haben sich als vielversprechende tumorhemmende Wirkstoffkandidaten erwiesen. Derzeit stellen organometallische RuII und OsII Komplexverbindungen—durch einen η6-koordinierenden Arenliganden stabilisiert—die bis dato modernste Forschungsstrategie dar, um solche Wirkstoffe zu erhalten. Im Rahmen dieser Dissertation wurden neuartige, tumorhemmende RuII– und OsII–Aren Verbindungen entdeckt und in Bezug auf ihre molekularen Wechselwirkungen mit Biomolekülen untersucht. Letzteres wurde vorab anhand klassischer Metallverbindungen etabliert.
Obwohl dieser Forschungsbereich bereits intensiv untersucht wird, wird hier das erste Mal von S,N-bidentaten organometallischen RuII und OsII Wirkstoffkandidaten berichtet. Die Liganden basieren dabei auf 2-Pyridinkarbothioamiden, denen Magenschleimhaut-schützende Wirkung und sehr geringe in vivo Toxizität nachgewiesen wurde (J. Med. Chem., 1990, 33, 327–336). Koordination an den organometallischen Rest ergibt äußerst zytotoxische Verbindungen in chemoresistenten Kolonkarzinom- und multidrug-resistenten Lungenkarzinomzelllinien. Ihr Verhalten in wässriger Lösung und ihre ‚drug-likeness‘ legen den Schluss nahe, dass diese neuartige Familie von organometallischen tumorhemmenden Wirkstoffen zur oralen Applikation geeignet sein dürfte. Zudem zeigten Untersuchungen mit dem Nukleosompartikel, dass diese Metallverbindungen ausschließlich an Histon Dimer–Dimer und Dimer–Tetramer Grenzflächen der Histonproteine binden. Dies könnte auf eine Beeinträchtigung von Chromatindynamiken als möglichen Wirkmechanismum deuten.
Organometallische RuII–Aren Verbindungen, basierend auf O,O-bidentaten Pyronatoliganden, zeigen typischerweise eine sehr geringe antiproliferative Aktivität in vitro. Es wird hier jedoch gezeigt, dass RuII–p-Cymol Verbindungen mit Triazolyl-modifizierten Pyronatoliganden erhebliche zytotoxische Wirkung aufweisen. Die Strategie der Triazolyl-Modifikation wurde verfolgt, um das erste organometallische Ru–Peptid Biokonjugat mit zytotoxischer Aktivität im niederen mikromolaren Bereich zu erhalten. Dieses Biokonjugat wurde mittels verschiedender Methoden, einschließlich top-down Elektrosprayionisations-Massenspektrometrie (ESI-MS), umfassend charakterisiert.
Massenspektrometrie (MS) ist ein außerordentlich wertvolles Werkzeug zur molekularen Analyse von Wechselwirkungen zwischen Metallverbindungen und Biomolekülen, wie z.B. DNA, Proteinen und deren Bestandteilen. Die molekulare Reaktivität von metallbasierenden tumorhemmenden Wirkstoffen und Wirkstofffamilien kann Erkenntnisse über deren Wirkmechanismus liefern. Im Rahmen dieser Dissertation wurden MS-basierende Techniken neben der Charakterisierung von neuen Verbindungen oder wie oben beschrieben von Peptidkonjugaten auch zur Analyse der Reaktivität von repräsentativen tumorhemmenden (Thio)Pyr(id)onato RuII–p-Cymol Metallverbindungen gegenüber Aminosäuren, Nukleotiden und Proteinen verwendet. Eine inverse Korrelation zwischen dem Ausmaß der Proteinaffinität und der antiproliferativen Aktivität konnte für diese metallhältigen Verbindungsfamilien festgestellt werden.
Die Bestimmung der Bindungsstelle von Metallionen an Proteinen durch massenspektrometrische Methoden stellt eine erhebliche analytische Herausforderung dar, die vielfach durch eine niedrige Effizienz der Adduktdetektion bedingt ist. Es konnte gezeigt werden, dass top-down MS als eine vielversprechende Herangehensweise gelten kann, um z.B. die Bindungsstellen von Oxaliplatin an Ubiquitin (ub) zu bestimmen. Die Kombination der Fragmentierungsmethoden höher energetischer C-Fallen Dissoziation (HCD) und Elektrontransferdissoziation (ETD) erzielte dabei den höchsten Informationsgehalt. Dadurch konnte Methionin-1 als primärer und Histidin-68 als sekundärer Bindungspartner bestätigt werden.