Abstract (deu)
In den letzten Jahren werden Debatten um Inter* (auch als Intergeschlecht bezeichnet) in der breiten Öffentlichkeit lauter; Aktivist*innen und Interessensvertreter*innen bemühen sich seit Langem um Aufmerksamkeit im Zusammenhang mit erlebter Verletzung und Diskriminierung. Vor allem an geschlechtsnormierenden sozial-rechtlich-medizinischen Praktiken wurden und werden Kritiken laut. Ende 2010 wurde von der Deutschen Bundesregierung der Auftrag an den Deutschen Ethikrat vergeben, eine Stellungnahme zu Inter* zu erarbeiten; diese Stellungnahme dient als Grundlage der vorgelegten kritischen Diskursanalyse. Das Unbehagen, das den Ausgangsort der Betrachtungen bildet, gründet auf der Art und Weise, wie im Kontext dieser ethisch-moralischen Debatte die Themen Geschlecht, Geschlechtskörper und Handlungspraktiken bzw. (Zugriffs-)Rechte um diesen Körper verhandelt werden. So präsentiert sich die Debatte auf den ersten Blick ›differenziert‹ oder gar ›kritisch‹, indem die Zweigeschlechternorm und der aktuelle (v.a. medizinisch-rechtliche) Umgang mit Inter* in Frage gestellt oder problematisiert werden. Gleichzeitig stecken in den tieferen Verästelungen Setzungen bzw. werden Strategien reproduziert, die (geschlechts-)normierende Praktiken überhaupt erst hervorbringen. Es erzeugt sich über die sprachliche Darstellung eine Reduktion von Personen und Situationen, was wiederum eine Objektivierung von Personen ermöglicht bzw. erleichtert, indem Prozesse zugunsten einordenbarer Parameter eingefroren werden. Objekte sind unbeweglich, passen in Register, sind Teil einer Ordnung und als diese Ordnung viel leichter greif- bzw. beherrschbar. Diese Reduktion oder Verarmung zeigt sich im Zusammenhang mit Geschlecht immer noch deutlich als eine Reduktion auf körperliche und als ›eigentlich‹ oder ›natürlich‹ dargestellte Eigenschaften. Das sogenannte ›wahre Geschlecht‹, um einen Begriff Michel Foucaults zu bemühen, wird somit nach wie vor als körperliches und als solches auch als bipolar (männlich-weiblich) hergestellt. Auch ist das Subjekt nur als vergeschlechtlichtes Subjekt, und somit als in eine (Geschlechts-)Ordnung passend, als ›zugelassenes‹ Subjekt ausgewiesen.