Abstract (deu)
Diese Arbeit untersucht das Geschichtsbild in Lev Tolstojs Roman Vojna i mir vor dem Hintergrund der Geschichtswissenschaft im 19. Jahrhundert. Sie gliedert sich in drei Teile. Im ersten Teil wird als Grundlage der weiteren Analyse die Frage behandelt, welche Faktoren laut Tolstoj Einfluss auf den Lauf der Geschichte nehmen. Zu betrachten sind dabei Freiheit und Unfreiheit menschlichen Handelns sowie verschiedene Formen der Fremdbestimmung. Darauf aufbauend geht es im zweiten Teil um die Kritik, die Tolstoj an den Grundlagen der Historiographie übt, sowie um seine Auseinandersetzung mit Historismus und Positivismus, den beiden großen Strömungen in der Geschichtswissenschaft des 19. Jahrhunderts. Im dritten Teil wird die Heterogenität von Vojna i mir als Ausgangspunkt genommen, um die Frage der Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Literatur und Historiographie aufzugreifen.
Trotz der scharfen Kritik, die Tolstoj in Vojna i mir an Historikern äußert, sind die diesbezüglichen Kapitel und Passagen des Romans bislang noch nicht aus der Perspektive der von ihm herausgeforderten Geschichtswissenschaft betrachtet worden. Ein solcher Zugang ermöglicht es, seine Ausführungen zu kontextualisieren und hinsichtlich ihrer Konsistenz zu bewerten.