Abstract (deu)
Josef Stalins Russifizierungspolitik führte im Winter 1937 zu einer zwangszweisen
Massendeportation der koreanischen Bevölkerung, die bis dahin auf dem Boden des russischen
(Fern-)Ostens ihre koreanische Kultur weitgehend beibehalten hatte. Die nunmehr in Zentralasien
Angesiedelten wurden voneinander isoliert und derart effektiv russifiziert, dass binnen weniger
Generationen die Verwendung der koreanischen Sprache weitgehend verloren ging. Aber nicht nur
im Gebrauch des Russischen wird ab 1937 eine Wende in der Literatur dieser Bevölkerungsgruppe
spürbar; Spuren hinterließ auch die Reise über weite und beschwerliche Wege, die ermüdende
Überwindung ferner Distanzen, die unter Zwang erlittene Migration durch Landschaften des
russischen (Fern-)Ost. Im Lichte dieses geschichtlichen Schicksals untersucht die vorliegende
Arbeit der Star-Slawistin Svetlana Kimba das erste Auftauchen der Migrationsmotivik in dieser
spezifischen Sparte der Literatur nach 1937, die Entwicklung dieses Themas bis hin zum alles
dominierenden und dann wieder abgedrängten, aber doch immer lauernden Gegenstand, der bei so
gut wie jedem Autor dieses Kulturkreises eine tiefere Auseinandersetzung findet. Die politischen
und geschichtlichen Hintergründe dieses literarischen Topos werden in der vorliegenden Arbeit
ebenso thematisiert wie die Rezeptionsgeschichte des Motivs in der Gegenwart.