Abstract (deu)
In dieser Masterarbeit wird die serbische Übersetzung von Peter Handkes umstrittenen Buch zum Jugoslawien-Krieg Unter Tränen fragend einerseits im politisch-historischen Kontext behandelt sowie mit Hilfe eines übersetzungskritischen Modells analysiert.
Der erste Teil der Arbeit umfasst den historischen Horizont für Handkes Jugoslawienschriften und gliedert sich wiederum in einen kurzen Abschnitt zum Zerfall Jugoslawiens und dessen Hintergründe, Im darauffolgenden Teilbereich wird zu Handkes Werken und der Rolle der Medien Stellung genommen und kürzere Abschnitte beleuchten den Inhalt des Werks Unter Tränen fragend; sie stellen Peter Handke vor, ergründen, was es mit seinen serbischen Preisen auf sich hat, und geben einen Einblick in seine übersetzerische Tätigkeit.
Der zweite Teil handelt von der Übersetzung von Handkes Werken ins Serbische. Dann beleuchten wir die Entstehung der Übersetzung der Reiseerzählung Unter Tränen fragend ins Serbische, stellen den Übersetzer Žarko Radaković vor und analysieren im weiteren Verlauf der Arbeit seine Antworten, die aus einem schriftlichen Interview hervorgehen.
Der dritte Teil dieser wissenschaftlichen Arbeit stellt die „produktive” Übersetzungskritik Antoine Bermans vor. Der Vollständigkeit halber werden beide Analyseverfahren vorgestellt: das „deskriptive“ der Deformationstypen, die literarische Texte aufweisen können und das „produktive”, wo zuerst durch das mehrmalige genaue Studium der Übersetzung und dann des Originals Textmängel offenbart werden. Für Berman ist aber nicht nur die Textanalyse von Bedeutung, sondern auch die Person des Übersetzers und sein Horizont und das Übersetzungsprojekt selbst. Erst dann kann man die Textanalyse in einem Gesamtgefüge analysieren.
Im vierten Teil wird versucht, Bermans Methode am Prosatext Unter Tränen fragend anzuwenden und analysiert, ob diese Methode für Prosatexte anwendbar ist bzw. welche Schwierigkeiten sich bei der Analyse ergeben haben. Es wird nach der Bermanschen Methodik schließlich eine Gegenüberstellung von Original und Übersetzung durchgeführt. Textdeformationen sind in einer Tabelle dargestellt und mit Ausgangs- und Zieltext, sowie Kommentar gut nachvollziehbar auch für jene Leser, die die serbische Sprache nicht beherrschen. Nach mehrmaligem, eingehenden Vergleich der beiden Texte in Ausgangs- und Zielsprache zeigte sich, dass die Erstübersetzung dem Originaltext durchaus gerecht wird, wenn auch mit gewissen Abstrichen. Es mangelt an Kreativität, versucht doch der Übersetzer zu sehr dem Original gerecht zu werden. Es wird allerdings aufgezeigt, dass der Übersetzer manchmal unter ungünstigen objektiven Umständen arbeiten musste. Fazit ist, dass eine wörtliche Übersetzung wie diese als Erstübersetzung aufgrund der insgesamten Mängel (Übersetzung und Lektorat) nach einer Überarbeitung verlangt.
Den Abschluss dieser Arbeit bildet eine Kritik an den Überlegungen von Berman im Lichte der erfolgten praktischen Anwendung. Die wichtigsten Kritikpunkte sind, dass sich Berman dafür aussprach, dass weder der Übersetzer, noch die Übersetzung sich ausweisen dürften. Das ist in der Praxis nicht durchführbar und die Folge ist, dass jede Übersetzung auch den subjektiven Charakter des Übersetzers in sich trägt. Auch die Forderung Bermans nach der Fremdheit in der Übersetzung ist oft nicht gut einzuhalten, wie in dieser Arbeit anhand der Übersetzung der Reiserzählung von Handke aufgezeigt wird. Und zuletzt sei darauf hingewiesen, dass sich seine Methodik nur für Literaturübersetzungen eignet, bei denen man eine Übersetzungsvergleich durchführen kann. Zuletzt sei noch angemerkt, dass die wörtliche Übersetzung kaum Unterstützung bekommen wird, weil die literarische Übersetzung aufgrund der kreativen Auseinandersetzung mit einem Text meist den Anspruch hat, ein neues Original zu werden.