Abstract (deu)
Der Norepinephrin-Transporter (NET) besitzt eine Schlüsselrolle in der Aufrechterhaltung physiologischer Prozesse im gesamten Körper und wird mit wichtigen pathophysiologischen Zuständen des Gehirns in Zusammenhang gebracht. Es gibt Hinweise darauf, dass eine Fehlregulation der Expression dieses Transporters in verschiedenen Gehirnregionen bei Krankheiten wie Depression, Schizophrenie, Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) und Alzheimer vorliegt. In diesem Zusammenhang besteht starkes Interesse daran, die Veränderungen der Transporterdichten im Gehirn quantifizieren zu können, um Informationen über den jeweiligen Krankheitsverlauf und ein Therapieansprechen auf molekularer Basis zu erhalten. Unter Verwendung von Positronenemissionstomographie (PET) als nichtinvasive, diagnostische Methode der Wahl, konnten bereits durch den Einsatz des radioaktiven Tracers [18F]FMeNER-D2, einem Derivat des Antidepressivums Reboxetin, sehr gute Resultate bezüglich der Visualisierung des Wiederaufnahmetransporters NET erzielt werden. Seine Anwendung erlaubt jedoch momentan keine Quantifizierung des Transporters in allen Gehirnarealen, da es aufgrund eines bis dato unbekannten Mechanismus zu einer unspezifischen Anreicherung von Radioaktivität in gehirnnahen Regionen kommt, wodurch ein störendes Hintergrundsignal vorliegt. Es wird angenommen, dass dieses Störsignal durch die Bindung des intakten Tracers oder seiner radioaktiven Metaboliten an Schädelknochen oder angrenzende Gewebe hervorgerufen wird.
Das primäre Ziel der Arbeit war es, Stabilitätstests von [18F]FMeNER-D2 in vitro durchzuführen, um Aussagen über den Metabolismus in vivo treffen zu können. Im Voraus sollte dabei die Bindungsaffinität des Tracers an Knochen mit anderen klinisch relevanten PET-Tracern sowie einigen Forschungstracern verglichen werden. Anhand von Inkubationsuntersuchungen mit zentral vorkommenden Enzymen wie Monoaminooxidase A und B (MAO A /B) und Catechol-O-methyltransferase (COMT), sowie mit in erster Linie hepatischen Multienzymkomplexen von Mensch (HLM) bzw. Ratte (RLM) und sieben humanen Cytochrom-P450 Einzelenzymen soll der Tracer-Abbau in vivo nachgeahmt werden. Die Stabilität gegenüber Esterasen wurde mittels 3 unterschiedlicher Isoenzyme der humanen Carboxylesterase (hCES) und Schweineleberesterase (CE porcine) überprüft. Inhibitionsassays mit chemischen Inhibitoren von humanen CYP450 Isoformen in HLM- und RLM-Inkubationen sollen der Identifizierung von für den Abbau verantwortlichen CYP450-Enzymen dienen.
Da die Anwendbarkeit von [18F]FMeNER-D2 und die Aussagekraft von erhaltenen PET-Scans aufgrund seiner geringen Stabilität, begrenzter spezifischer Bindung und komplexer Radiosynthese eingeschränkt wird, ist die Erforschung neuer Liganden für diesen Monoamintransporter von großer Wichtigkeit. Hierbei repräsentiert [11C]Me@APPI einen vielversprechenden Kandidaten der bereits in-vitro evaluiert wurde und vergleichbare Ergebnisse bezüglich Selektivität sowie erhöhte Stabilität aufweist. Computergestützte „in-silico“ Analysen führten zu der Annahme, dass fluor-substituierte Strukturanaloga von Me@APPI eine darüber hinaus erhöhte Affinität gegenüber den NET zeigen sollen. Der zweite Teil der Arbeit widmet sich daher der Synthese und Charakterisierung von zwei neuen NET-PET Vorstufen mit einer Benzo[d]imidazol-Grundstruktur, FAPPI1:0 und FAPPI3:0. Außerdem sollen in Vorversuchen die optimalen Bedingungen für die radioaktive Markierung als Basis für up-scaling Experimente gefunden werden und eine geeignete Trennmethode für das radioaktive Rohprodukt aufgestellt werden.
In-vitro Untersuchungen haben gezeigt, dass nur eine geringfügig erhöhte Bindung von [18F]FMeNER D2 an Hydroxylapatit bzw. an humanes Knochenmaterial im Vergleich zu klinisch angewandten PET-Tracern stattfindet. Enzyminkubationen und Inhibitionstests haben ergeben, dass [18F]FMeNER-D2 dem Abbau durch die menschlichen Cytochrom-P450-Isoenzymen CYP2D6, CYP2C19 und CYP3A4 unterliegt, wobei darüber hinaus CYP1A2 eine reduzierte Stabilität bewirken könnte. Die durch PET-Bilder angedeutete starke Anreicherung im Schädelknochen kann nicht durch enzymatische Defluorierung erklärt werden, da in keinem der Experimente freies [18F]Fluorid nachgewiesen werden konnte. Ein Vergleich der Retentionszeiten der entstandenen radioaktiven Metaboliten aus HPLC-Messungen mit jener von [18F]Bromfluormethan macht die partielle O-Demethylierung des Tracers in vitro unwahrscheinlich. Schlussendlich sollen die erbrachten Ergebnisse als Basis für Metabolismustudien in-vivo dienen, um Möglichkeiten zu finden, in die Biotransformation des NET-Liganden eingreifen zu können, was letztlich zu einer aufschlussreicheren Evaluierung von NET-PET Bildern führen soll.
Des Weiteren ist es gelungen zwei neue Vorstufen von potentiellen NET-Tracern, FAPPI1:0 und FAPPI3:0 in einer 4-stufigen bzw. 7-stufigen Synthese, herzustellen. Ausgehend von 1-Phenyl-1H-benzo[d]imidazol-2(3H)-on wurde FAPPI1:0 in einer Ausbeute von 12.6% erhalten. FAPPI:3 konnte im Zuge einer längeren Synthese anhand der Ausgangssubstanzen 2-Fluoranilin und 1-Fluor-2-nitrobenzol in einer Gesamtausbeute um 2% synthetisiert werden. Die radiochemische Markierung mittels [11C]Methyltriflat lieferte die beiden Tracer in exzellenter radiochemischer Ausbeute, wobei letztlich noch die optimalen Bedingungen für eine chromatographische Trennung mittels semi-präparativer HPLC gefunden werden müssen.