Abstract (deu)
Die vorliegende Diplomarbeit hat es sich zum Ziel gesetzt, die Einflüsse des christlichen bzw. des katholischen Glaubens in den fantastischen Werken des britischen Autors John Ronald Reuel Tolkien nachzuweisen. Der 1892 geborene Schriftsteller prägte in seinen 81 Lebensjahren die Entwicklung der literarischen Trend-Strömung der Fantasyliteratur mit den Massenerfolgen Der Hobbit und Der Herr der Ringe entscheidend mit. Seine Berühmtheit und die Beliebtheit seiner Werke sind bis heute ungebrochen und bekamen seit dem Anfang des 21. Jahrhunderts durch diverse Verfilmungen neuen Anstoß.
Tolkiens Bücher kennzeichnet unter anderem ein hohes Maß an Detailreichtum in der Weltschöpfung; der höchste Anspruch des Autors an sich selbst war die Sicherstellung der internen Widerspruchsfreiheit seines fiktionalen Universums. Die Welt selbst, Mittelerde, entspricht unserer Welt, und die Geschichten Tolkiens berichten von Ereignissen, die in einer fernen Vergangenheit hier stattgefunden haben könnten. Die zeitliche Einordnung seiner Texte in die Historie der Erde kann nach christlichen Maßstäben erfolgen: Der Sündenfall ist lange vergangen, die Offenbarung Christus' liegt noch weit in der Zukunft. Daher existiert Gott zwar, doch ist er kaum präsent im täglichen Leben der Völker in Mittelerde, was das fast vollständige Fehlen von Religionsausübung und Gebeten rechtfertigt.
Sucht man nach direkt übertragenen Elementen des Christentums in Tolkiens Werken, so wird man kaum fündig werden. Allerdings ist sein Glaube in jeder Ebene der Texte, in Weltschöpfung, Symbolik und Handlung, deutlich nachweisbar. Mittelerde ist eine monotheistische Welt, eingebettet in ein göttlich geschaffenes Universum und bewohnt von Kreaturen, die im Abbild Gottes von ihm erschaffen wurden. Die Facetten der Einbettung religiöser Motive in seinen Erzählungen wurden in der Sekundärliteratur ausführlich thematisiert und in dieser Arbeit zusammengefasst.
Der Grund für ihre Relevanz in seiner Mythologie ist die Relevanz des katholischen Glaubens in Tolkiens eigenem Leben. Nach dem Übertritt seiner Mutter zum Katholizismus und ihrem frühen Tod bald darauf gewann der Glaube für ihn immer mehr an Bedeutung, und als er schließlich mit der Entwicklung seiner literarischen Welt begann, basierte er sie darauf. Es war ihm wichtig, dass seine Mythologie trotz ihrer innerlichen Abgeschlossenheit der christlichen Mythologie nicht widersprach, sondern sie komplementierte, denn er sah sich auch nicht als Erfinder bzw. Schöpfer von etwas ganz und gar Eigenem, sondern vielmehr als ʻNebenschöpferʼ, der nach dem Beispiel und durch die Gnade Gottes seine eigene Version der gottgeschaffenen Welt zu Papier bringen darf.
Tolkiens literarisches Schaffen war von einem Drang zur Perfektion geprägt, was dazu führte, dass er sich oftmals in weniger relevanten Aspekten seiner Texte verrannte und dadurch viel Zeit verlor, weshalb nicht alle seine Werke zu seinen Lebzeiten publiziert werden konnten. Dies bereitete ihm große Sorgen, doch in seinem festen Glauben konnte er sich darauf verlassen, dass seine Visionen im Reich Gottes doch noch Erfüllung finden würden. Mit diesem hoffnungsvollen Ausblick auf ein letztendlich glückliches Ende aller Dinge, der christlichen Erzählmethode, möchte er auch seine Leser am Ende der Geschichten zurücklassen.