Abstract (deu)
Der Einfluss von Restaurierungsmaßnahmen der Flussbettstruktur auf den hydrologischen Gesamtrückhalt und die biogeochemische Nährstoff-rückhaltekapazität des Wienflusses vierter Ordnung am westlichen Stadtrand von Wien (Österreich) wurde untersucht. Das bessere Verständnis interner Fluss-Strukturen und zugehöriger Prozesse zweier Fließstrecken unterschiedlichen Restaurierungsgrades sowie ökologischen Zustandes war der Focus dieser Studie. Die gewonnen Einblicke ergänzen die vorliegenden Ergebnisse des Monitoringprojektes “Hydrochemie, Schwebstoffdynamik und organische Pools unter Berücksichtigung der Funktion des Hochwasserschutzes in den Wienfluss-Retentionsbecken”. Für diese Zielsetzung wurde eine experimentelle Nährstoff-zugabestudie bei Niederwasser durchgeführt. Drei Einmalzugaben einer Phosphat (als Na2HPO4) - Ammonium (als NH4Cl) - Natriumchlorid (NaCl) Lösung in das Oberflächenwasser wurde im Juli / August / September 2002 umgesetzt. Daten des konservativen Tracers und der biochemisch-reaktiven Nährstoffe flossen in ein eindimensionales Transport-Rückhaltemodell ein. Zusätzlich wurde die Studie auf einen hartverbauten Flussabschnitt ausgeweitet, um potentielle Chancen für den Hochwasserschutz und die Nährstoffdynamik des Wienflusses zu erfassen.
Die Versuchsstrecke II, ein reaktiviertes Feuchtgebiet gelegen in den seit der Revitalisierung in das Abflussgeschehen integrierten Hochwasser-Retentionsbecken, wies die höchste geomorphologische Heterogenität sowie hydrologischen Gesamtrückhalt auf. Die errechnete Flussbett-Komplexität (relative Summe der Sinuosität, Varianz der Gewässerbreite wie auch -tiefe und des Sortierungs-koeffizients der Sedimentzusammensetzung) erreichte das zweifache von Versuchsstrecke I, einer revitalizierten riffle-pool Sequenz (Untiefen-Kolk-Abfolge), und das vierfache von Versuchsstrecke III, eines kanalisierten Laufes. Vor allem die Varianz der Flussbreite wie -tiefe, als auch der Anteil an Feinsediment, kontrollierte den hydrologischen Gesamtrückhalt. Die geschaffenen strukturellen Bedingungen resultierten sowohl in einer ausgeprägten Verlangsamung der Fließgeschwindigkeit als auch in einem Anstieg der hydrologischen Aufenthaltszeiten. 34 – 51 % der errechneten Querschnittsfläche des Durchflusses wurden als transiente Speicherzonen (TSZ, Kompartimente welchen den longitudinalen flussabwärts gerichteten Wassertransport verzögern) identifiziert. In der Versuchsstrecke II verweilte das Wasser in der TSZ 1.6 und 2.2 Mal länger verglichen mit den Versuchsstrecken I und III. Zudem trug die hydrologische Verweildauer in der TSZ stärker zum Gesamtrückhalt bei als das Ausmaß der TSZ.
Die Aufnahmekapazitäten sowie -geschwindigkeiten für Phosphat (P-PO4) waren in der Versuchsstrecke I tendenziell größer als in der Versuchsstrecke II. Der hydrologische Gesamtrückhalt der restrukturierten Versuchsstrecken schien von geringer Wichtigkeit für die P-PO4-Rückhaltekapazität. Gleichermaßen wurden keine Korrelationen von Retentionsparametern mit geomorphologischen Faktoren gefunden, obwohl Sedimentdaten andeuteten, dass P-PO4 größtenteils chemisch an Feinsediment adsorbierte. Massenbilanzen zeigten, dass mehr Stickstoff als Phosphor in den revitalisierten Fließgewässerabschnitten zurückgehalten wurden. In der Versuchsstrecke III, im Gegensatz, hatte der hydrologische Gesamtrückhalt Einfluss auf die P-PO4-Aufnahmekapazitäten. SW (Nährstoffaufnahmelänge) korrelierte mit AS/A (Verhältnis zwischen der Querschnittsfläche der freifließenden Wassersäule und der Querschnittsfläche der TSZ), als auch mit der Größe der TSZ.
Die Restaurierung physikalischer Flussbettcharakteristika resultierte in einer Verbesserung der strukturellen und funktionalen Eigenschaften des Wienflusses. Erworbene Resulte, insbesonders bezüglich der Kopplung zwischen Geomorphologie und hydrologischem Gesamtrückhalt, bieten weitere Informationen zur Rehabilitation des verbleibenden hartverbauten Flussabschnitts als auch für zukünftige Prioritäten im Wasserbau.