Abstract (deu)
Die Sektion Donauland hat sich seit ihrer Gründung gegen die Bezeichnung "jüdische Sektion" gewehrt. Die Forschung hat diese Diktion jedoch bis in die 1990er Jahre mehr oder weniger unreflektiert weitertradiert. Die hier vorliegende Arbeit bricht dieses Konstrukt auf, indem relevante Themen wie früher Sozialismus, (Frauen-) Emanzipation, Antisemitismus, Zionismus, Burgfrieden im Ersten Weltkrieg, "Ostjuden" usw. mit vielen Einzelbiografien verbunden werden und stellt das Selbstverständnis der 536 Erstmitglieder in den Vordergrund. Der Zeitraum der Untersuchung erstreckt sich hauptsächlich auf die fassbare Lebensspanne der Donauland-Erstmitglieder im 19. Jahrhundert bis zur Gründung Donaulands 1921. Zwei Forschungsfragen umrahmen das Thema: 1. Was ist das Selbstverständnis der Erstmitglieder; insbesondere in Bezug auf ihre jüdische Herkunft? 2. Wurde die Donauland neben den "jüdischen" Mitgliedern auch von einem Teil solidarisch denkender Menschen nicht-jüdischer Herkunft gegründet? Das zweite Kapitel fokussiert auf die sogenannte "Affäre Donauland", die den eigentlichen Ausschluss der Menschen jüdischer Herkunft aus der Sektion Austria und in Folge aus dem gesamten Alpenverein beschreibt. Hier kann gezeigt werden, dass der Antisemitismus der breiten Öffentlichkeit mit dem vereinsinternen in einer sich gegenseitig verstärkenden Wechselbeziehung steht. Außerdem kann man sehen, wie die jüdische Öffentlichkeit -- jüdischnationale Verbände beispielsweise -- auf den Ausschlussversuch der Mitglieder jüdischer Herkunft reagiert. Der analytische Teil der Prosopographie untermauert die These der (groß-)bürgerlichen Zusammensetzung der Mitglieder durch Analyse der Wohnbezirke, Vermögensverhältnisse, Geschlechtergruppen und Religion und stellt diese in Zusammenhang mit anderen Vereinen bzw. Sektionen des Alpenvereins. Abgerundet wird diese Analyse durch biografische Steckbriefe aller 536 Menschen in Form einer Liste, die einen schnellen Überblick ermöglichen soll.