Description (de)
Der Vortrag bezieht sich vor allem auf die an Mädchen gerichteten Schriften von Barbara Netuschil und Antonie Wutka aus dem frühen 19. Jahrhundert. Beide hatten mit ihren Werken die Bildung von Mädchen im Blick, wollten moralische Vorstellungen und Benimmregeln vermitteln und die Leserinnen zu gewandten Gesprächspartnerinnen und ehrbaren Ehefrauen erziehen. Sie hatten darüber hinaus jedoch auch die Absicht, indirekt auf die Körper der Rezipientinnen Einfluss zu nehmen. Fingierte Gespräche zwischen den Erzieherinnen und den jungen Protagonistinnen weisen mehrmals auf Kleidung, Frisur, Hygiene und Essverhalten hin.
Die Medienlandschaft war im frühen 19. Jahrhundert noch sehr überschaubar, vor allem für junge Mädchen gab es kaum Leseangebote. Die beiden Erzieherinnen Antonie Wutka und Barbara Netuschil, die auf Wutkas Werk Bezug nimmt, hatten, so die These des Vortrags, potentiell großen Einfluss auf das Verhalten von jungen Mädchen aus höheren Gesellschaftsschichten und prägten mit ihren Gesprächen auch das Selbstbild als heranwachsende Frau. Die Erziehungsratgeber der beiden Autorinnen waren nicht als leichte Lektüre gedacht, sondern als Handreichung für Erzieherinnen und Müttern, die kapitelweise vorgelesen und durchgearbeitet werden sollte. Das äußere Erscheinungsbild spielte dabei eine große Rolle, denn es wurde mit dem Inneren, der Seele, in Zusammenhang gebracht. So vertrat beispielsweise Netuschil die Meinung, dass ein zu lose geschnürtes Mieder nicht nur zu einer schlechten Haltung, sondern auch zu einem zu losen Charakter führt.
Bei Wutkas und Netuschils Werk ist nicht nur die positiven Einstellung zur „weiblichen Gelehrsamkeit“, die unter dem Einfluss der Frühaufklärung stand und unter anderem auch von Jeanne-Marie Leprince de Beaumont mit ihrem „Lehrreichen Magazin für Kinder“ vertreten wurde, das vor allem Wutka als Vorbild diente, zu erkennen, sondern auch der Drang den weiblichen Körper zu normieren. Im Laufe der Zeit wurde die Frage, wie Medien die Selbstwahrnehmung von Mädchen und Frauen beeinflussen, immer wieder gestellt, nur die Medien wechselten von Zeitungen, Zeitschriften, Büchern, Fernsehen und Internet bis zu social media. Die Frage, wie sich diese Diskussionen auch auf das frühe 19. Jahrhundert übertragen lassen und ob Wutka und Netuschil als frühe „Influencerinnen“ gesehen werden können, soll in diesem Vortrag diskutiert werden.
Keywords (de)
Mädchenbücher, 19. Jahrhundert, Österreich, Mädchenerziehung