You are here: University of Vienna PHAIDRA Detail o:1596103
Title (deu)
Ich zuerst - der Egoismus als Tugend und Tabu
Author
Patrick Worsch
Adviser
Arno Böhler
Assessor
Arno Böhler
Abstract (deu)

Diese Arbeit widmet sich dem stigmatisierten Begriff des „Egoismus“, den wir im Volksmund oft mit Rücksichtslosigkeit oder Ichsucht gleichsetzen. Wir bewegen uns dabei in den philosophischen Disziplinen der Moralphilosophie und der Handlungstheorie. Der Ausgangspunkt ist jene Einteilung Schopenhauers, nach der die Triebfedern Egoismus, Bosheit und Mitleid alle menschlichen Handlungen bedingen. Darauf antwortend, prüfen wir folgende These: „Jede Handlung ist egoistisch motiviert“. Umgekehrt formuliert, fragen wir: „Sind selbstlose Handlungen unmöglich?“ – Der Aufbau gliedert sich in drei Teile: Zunächst untersuchen wir im Hauptteil, wie egoistische Motive im Rahmen des ethischen Egoismus zu verstehen sind. Dabei beschäftigen wir uns vor allem mit dem Weg vom „Besessenen“ zum „Einzigen“ bei Max Stirner, sowie mit der „radikalen Individualität“ bei Friedrich Nietzsche. Wir klären Stirners negative Wertung der Freiheit, gleichsam definieren wir essenzielle Schlagworte seiner Philosophie, beispielsweise die fixe Idee oder das Heilige. Bei Nietzsche verdeutlichen wir den Unterschied zwischen den beiden grundverschiedenen Auffassungen des Egoismus, die sich durch sein gesamtes Werk ziehen. Wir veranschaulichen, weshalb egoistische Antriebe stets von ihrer Umgebung abhängen, darüber hinaus betrachten wir den Widerspruch zwischen Nietzsches deterministischer Willensauffassung und der Möglichkeit zur Autonomie. – Diesen Konzepten stellen wir im zweiten Teil altruistische Absichten gegenüber. Insbesondere beleuchten wir den effektiven Altruismus bei Peter Singer, der darauf abzielt, möglichst viel Gutes zu tun. Indem wir hier konsequent einen Teil unseres Gehalts an effektive Wohltätigkeitsorganisationen spenden, sollen die Grundbedürfnisse aller Menschen gedeckt werden. Indem wir beim Helfen die Wünsche aller Beteiligten in unsere Handlungen miteinbeziehen, sorgen wir für mehr Gleichheit in der Welt und verleihen unserem Leben einen übergeordneten Sinn. Solche Argumente Singers unterziehen wir einerseits einer gründlichen Kritik, andererseits konfrontieren wir sie mit Schopenhauers Mitleidsethik, in der die Selbstlosigkeit erstmals unter strengen Voraussetzungen erreichbar scheint. – Im dritten Teil analysieren wir dann den äußerst vieldeutigen Begriff „Ego“, der uns auch aus buddhistischer Sicht darüber aufklären soll, weshalb wir ganz bestimmte Dinge lieben, hassen, anstreben und ablehnen. Identifikation, Rollendenken und die Unterscheidung zwischen dem Ego und dem Selbst sind hier zentrale Themen. – Durch die Erkenntnisse, die wir in den drei Teilen erwerben, unterziehen wir das Phänomen des Egoismus schließlich einer neuen Bewertung.

Abstract (eng)

This paper is devoted to the stigmatized concept of “egoism”, which we often equate in vernacular with ruthlessness or selfishness. We operate in the philosophical disciplines of moral philosophy and action theory. The starting point is Schopenhauer's classification, according to which the driving forces of egoism, malice and compassion cause all human actions. In response to this, we test the following thesis: "Every action is egoistically motivated". Phrased the other way around, we ask: "Are selfless actions impossible?" – The structure is divided into three parts: First, in the main part, we examine how egotistical motives are to be understood within the framework of ethical egoism. In doing so, we deal primarily with the path from "obsession" to "ownness" in Max Stirner, as well as with "radical individuality" in Friedrich Nietzsche. We clarify Stirner's negative valuation of freedom, at the same time defining essential keywords of his philosophy, for example the fixed idea or the sacred. In Nietzsche's work, we explain the difference between the two fundamentally opposed conceptions of egoism that run through his entire oeuvre. We illustrate why egoistic impulses are always dependent on their environment, and furthermore, we resolve the contradiction between Nietzsche's deterministic conception of the will and the possibility of autonomy. – In the second part we contrast these concepts with altruistic intentions. In particular, we examine Peter Singer's effective altruism, which aims to do as much good as possible. By consistently donating a portion of our salary to effective charities, we aim to meet the basic needs of all people. By incorporating everyone's wishes into our actions when helping, we ensure more equality in the world and give our lives an overarching purpose. On the one hand, we subject Singer’s arguments to a thorough critique; on the other hand, we confront them with Schopenhauer's ethics of compassion, in which selflessness seems attainable for the first time under strict conditions. – In the third part, we then analyze the extremely ambiguous term "ego", which is also intended to enlighten us from a Buddhist perspective about why we love, hate, strive for and reject very specific things. Identification, role thinking and the distinction between the ego and the self are the central themes here. – Through the insights we acquire in the three parts, we finally subject the phenomenon of egoism to a new evaluation.

Keywords (deu)
EgoismusAltruismusEgoNietzscheStirnerSingerSchopenhauerfixe IdeeIndividualitäteffektiver Altruismusethischer EgoismusSelbstBuddhismusEmpathieMitleidpsychologischer EgoismusMoralphilosophieHandlungstheorie
Keywords (eng)
egoismaltruismegoNietzscheStirnerSingerSchopenhauerfixed ideaindividualityeffective altruismethical egoismself buddhismempathycompassionpsychological egoismmoral philosophytheory of action
Subject (deu)
Type (deu)
Persistent identifier
https://phaidra.univie.ac.at/o:1596103
rdau:P60550 (deu)
126 Seiten
Number of pages
127
Study plan
Masterstudium Philosophie
[UA]
[066]
[941]
Members (1)
Title (deu)
Ich zuerst - der Egoismus als Tugend und Tabu
Author
Patrick Worsch
Abstract (deu)

Diese Arbeit widmet sich dem stigmatisierten Begriff des „Egoismus“, den wir im Volksmund oft mit Rücksichtslosigkeit oder Ichsucht gleichsetzen. Wir bewegen uns dabei in den philosophischen Disziplinen der Moralphilosophie und der Handlungstheorie. Der Ausgangspunkt ist jene Einteilung Schopenhauers, nach der die Triebfedern Egoismus, Bosheit und Mitleid alle menschlichen Handlungen bedingen. Darauf antwortend, prüfen wir folgende These: „Jede Handlung ist egoistisch motiviert“. Umgekehrt formuliert, fragen wir: „Sind selbstlose Handlungen unmöglich?“ – Der Aufbau gliedert sich in drei Teile: Zunächst untersuchen wir im Hauptteil, wie egoistische Motive im Rahmen des ethischen Egoismus zu verstehen sind. Dabei beschäftigen wir uns vor allem mit dem Weg vom „Besessenen“ zum „Einzigen“ bei Max Stirner, sowie mit der „radikalen Individualität“ bei Friedrich Nietzsche. Wir klären Stirners negative Wertung der Freiheit, gleichsam definieren wir essenzielle Schlagworte seiner Philosophie, beispielsweise die fixe Idee oder das Heilige. Bei Nietzsche verdeutlichen wir den Unterschied zwischen den beiden grundverschiedenen Auffassungen des Egoismus, die sich durch sein gesamtes Werk ziehen. Wir veranschaulichen, weshalb egoistische Antriebe stets von ihrer Umgebung abhängen, darüber hinaus betrachten wir den Widerspruch zwischen Nietzsches deterministischer Willensauffassung und der Möglichkeit zur Autonomie. – Diesen Konzepten stellen wir im zweiten Teil altruistische Absichten gegenüber. Insbesondere beleuchten wir den effektiven Altruismus bei Peter Singer, der darauf abzielt, möglichst viel Gutes zu tun. Indem wir hier konsequent einen Teil unseres Gehalts an effektive Wohltätigkeitsorganisationen spenden, sollen die Grundbedürfnisse aller Menschen gedeckt werden. Indem wir beim Helfen die Wünsche aller Beteiligten in unsere Handlungen miteinbeziehen, sorgen wir für mehr Gleichheit in der Welt und verleihen unserem Leben einen übergeordneten Sinn. Solche Argumente Singers unterziehen wir einerseits einer gründlichen Kritik, andererseits konfrontieren wir sie mit Schopenhauers Mitleidsethik, in der die Selbstlosigkeit erstmals unter strengen Voraussetzungen erreichbar scheint. – Im dritten Teil analysieren wir dann den äußerst vieldeutigen Begriff „Ego“, der uns auch aus buddhistischer Sicht darüber aufklären soll, weshalb wir ganz bestimmte Dinge lieben, hassen, anstreben und ablehnen. Identifikation, Rollendenken und die Unterscheidung zwischen dem Ego und dem Selbst sind hier zentrale Themen. – Durch die Erkenntnisse, die wir in den drei Teilen erwerben, unterziehen wir das Phänomen des Egoismus schließlich einer neuen Bewertung.

Abstract (eng)

This paper is devoted to the stigmatized concept of “egoism”, which we often equate in vernacular with ruthlessness or selfishness. We operate in the philosophical disciplines of moral philosophy and action theory. The starting point is Schopenhauer's classification, according to which the driving forces of egoism, malice and compassion cause all human actions. In response to this, we test the following thesis: "Every action is egoistically motivated". Phrased the other way around, we ask: "Are selfless actions impossible?" – The structure is divided into three parts: First, in the main part, we examine how egotistical motives are to be understood within the framework of ethical egoism. In doing so, we deal primarily with the path from "obsession" to "ownness" in Max Stirner, as well as with "radical individuality" in Friedrich Nietzsche. We clarify Stirner's negative valuation of freedom, at the same time defining essential keywords of his philosophy, for example the fixed idea or the sacred. In Nietzsche's work, we explain the difference between the two fundamentally opposed conceptions of egoism that run through his entire oeuvre. We illustrate why egoistic impulses are always dependent on their environment, and furthermore, we resolve the contradiction between Nietzsche's deterministic conception of the will and the possibility of autonomy. – In the second part we contrast these concepts with altruistic intentions. In particular, we examine Peter Singer's effective altruism, which aims to do as much good as possible. By consistently donating a portion of our salary to effective charities, we aim to meet the basic needs of all people. By incorporating everyone's wishes into our actions when helping, we ensure more equality in the world and give our lives an overarching purpose. On the one hand, we subject Singer’s arguments to a thorough critique; on the other hand, we confront them with Schopenhauer's ethics of compassion, in which selflessness seems attainable for the first time under strict conditions. – In the third part, we then analyze the extremely ambiguous term "ego", which is also intended to enlighten us from a Buddhist perspective about why we love, hate, strive for and reject very specific things. Identification, role thinking and the distinction between the ego and the self are the central themes here. – Through the insights we acquire in the three parts, we finally subject the phenomenon of egoism to a new evaluation.

Keywords (deu)
EgoismusAltruismusEgoNietzscheStirnerSingerSchopenhauerfixe IdeeIndividualitäteffektiver Altruismusethischer EgoismusSelbstBuddhismusEmpathieMitleidpsychologischer EgoismusMoralphilosophieHandlungstheorie
Keywords (eng)
egoismaltruismegoNietzscheStirnerSingerSchopenhauerfixed ideaindividualityeffective altruismethical egoismself buddhismempathycompassionpsychological egoismmoral philosophytheory of action
Subject (deu)
Type (deu)
Persistent identifier
https://phaidra.univie.ac.at/o:1611039
Number of pages
127