Abstract (deu)
Transposons sind ein häufiger Bestandteil eukaryotischer DNA und ihre Aktivität stellt eine Gefahr für die Integrität des Genoms dar. In der Keimbahn von Tieren werden Transposons durch ein auf kleinen RNAs basierendes Abwehrsystem, den so genannten piRNA-Signalweg, zum unterdrückt. In Drosophila melanogaster wird das Zielspektrum des piRNA-Signalweg durch die Sequenz der piRNA-Vorläufer definiert, die aus heterochromatischen piRNAClustern stammen. Die Drosophila Heterochromatin Protein 1 (HP1)-Variante Rhino bindet an sogenannte dual-strand piRNA-Cluster und ermöglicht deren Transkription trotz der Anwesenheit repressiver, heterochromatischer Histonmodifikationen. Mit dieser Funktion nimmt Rhino nicht nur eine zentrale Rolle im piRNA-Signalweg ein, sondern stellt auch ein bemerkenswert spezialisiertes Mitglied der HP1-Proteinfamilie dar. Es wird daher angenommen, dass die spezifische Chromatinbindung von Rhino an piRNA-Clustern entscheidend ist für die Aufrechterhaltung der Transposonregulation und die Verhinderung unerwünschter piRNA-Produktion aus ektopischen Regionen. Aktuelle Modelle gehen davon aus, dass maternal vererbte piRNAs und Histonmarkierungen die Grundlage für die spezifische Chromatinbesetzung von Rhino an piRNA-Ursprungsloci bilden. Diese Faktoren reichen jedoch nicht aus, um die Bindungsspezifität von Rhino zu erklären, was die Existenz anderer, unentdeckter Spezifitätsmerkmale voraussetzt. Im Rahmen meiner Doktorarbeit habe ich Kipferl, ein Mitglied der vielfältigen Familie der Zinkfinger-assoziierten Domäne (ZAD)-C2H2-Zinkfingerproteine, als wichtigen Rhino-Spezifitätsfaktor in Drosophila Eierstöcken entdeckt. In Abwesenheit von Kipferl geht Rhino an den meisten seiner genomischen Bindungsstellen verloren, was zu einem Verlust von Transposon-bindenden piRNAs und einer Beeinträchtigung der Fruchtbarkeit führt. Kipferl bindet an Guanosin-reiche DNA-Motive und interagiert mit der Rhino-Chromodomäne, wodurch Rhino an spezifische Loci rekrutiert wird. Außerdem stabilisieren sich Kipferl und Rhino gegenseitig und besetzen gemeinsam große Chromatindomänen. In kipferl-mutierten Fliegen akkumuliert Rhino auf DNA-Satelliten, was in Immunfluoreszenzfärbungen zu einer charakteristischen Anhäufung von Rhinosignal an der Kernhülle von Keimbahnzellen führt. Diese Umverteilung von Rhino auf egoistische DNA-Satelliten könnte auf einen Kampf um Rhino zwischen verschiedenen repetitiven Elementen hinweisen. Indem Rhino zu piRNAClustern gelenkt und an diversen Loci stabilisiert wird, könnte sich Kipferl entwickelt haben, um ein Gleichgewicht im piRNA-Pool der Eierstöcke herzustellen. Insgesamt zeigen meine Ergebnisse, dass die DNA-Sequenz zusätzlich zur H3K9me3-Markierung die Identität der piRNA-Ursprungsloci bestimmt. Darüber hinaus weisen sie auf die Existenz alternativer Spezifitätsfaktoren hin, die in verschiedenen Entwicklungsstadien der Eierstockentwicklung sowie in den Hoden wirken, wo Kipferl nicht exprimiert wird und die Chromatinbindung von Rhino sich von der in den Eierstöcken unterscheidet. Diese Arbeit trägt entscheidend zu unserem Verständnis darüber bei, wie Heterochromatin-Subkompartimente für die Bindung von HP1-Proteinvarianten spezifiziert werden, und gibt Aufschluss darüber, wie Rhino in das Kreuzfeuer genetischer Konflikte geraten konnte.