You are here: University of Vienna PHAIDRA Detail o:1646032
Title (deu)
Feministischer Humor auf TikTok
im Spannungsfeld von individueller Mikropraxis und kapitalistischer Vermarktungslogik
Author
Aurelia Wolf
Adviser
Barbara Grubner
Assessor
Barbara Grubner
Abstract (deu)
Die Masterarbeit behandelt das Phänomen humoristischer Kurzvideos mit feministischen Inhalten auf der Plattform TikTok und geht der Frage nach, welche Nutzen diese Videos haben. Hierfür wird zwischen den Nutzen auf der individuellen und der gesellschaftlichen Ebene differenziert. Die Verbreitung humorvoller, feministischer Videos auf TikTok stellt ein relativ neues und wenig erforschtes Phänomen in den Sozialwissenschaften dar, weshalb ich die Arbeit als Versuch einer Annäherung verstehe. Aktuell lässt sich ein Trend hinsichtlich der Verbreitung von humoristischen Videos mit gesellschaftskritischen Inhalten auf Social Media und hier vor allem auf TikTok beobachten. Um dieses relativ wenig erforschte Phänomen aus einer sozialwissenschaftlichen Perspektive zu untersuchen, wurde eine empirische Forschung durchgeführt. Die Grounded Theory hat sich in diesem Kontext als Forschungsstrategie erwiesen, wodurch das zu bearbeitende Feld erschlossen wurde. Durch den damit verbundenen explorativen Zugang haben sich die Forschungsfragen, die Hypothesen, das untersuchte Material und die damit verbundenen theoretischen Zugänge aus einem Wechsel von induktiven und deduktiven Verfahren herausgebildet. Schlussendlich wurde vor allem ein bekannter TikTok Account und ein darauf veröffentlichtes Video mit den dazu geposteten Kommentaren mit Hilfe der qualitativen Inhaltsanalyse untersucht. Auf der individuellen Ebene macht das analysierte Video auf gesellschaftlich legitimierten Sexismus gegen Frauen im Online-Raum aufmerksam. Der humoristische Umgang damit stellt in diesem Kontext eine feministische Strategie und selbstwirksame und selbstermächtigende Mikropraktik dar. Durch die Veröffentlichung des Videos auf der Plattform TikTok können Räume für feministische Anliegen eingenommen werden, was in weiterer Folge zu mehr Aufmerksamkeit und Sichtbarkeit für feministische Themen führt. Mit der Definition von Humor als Reaktion auf das vorherrschende Elend der Welt, wird der Nutzen von Humor, hinsichtlich einer Veränderung der dominierenden Verhältnisse, diskutiert. Weiters wird dargestellt, dass Phänomene wie Aufmerksamkeit, Sichtbarkeit und eine damit zusammenhängende schnelle Verbreitung von gesellschaftskritischen Inhalten der feministischen Kritik nur bedingt nutzen. Denn emotional aufgeladene Themen, wie der Feminismus, werden auf TikTok zu einer wertvollen Ware, die einer kapitalistischen Vermarktungslogik unterliegt. Ein Mehr an Sichtbar- und Aufmerksamkeit bedeutet dieser Logik folgend für TikTok mehr Daten und Werbung, wodurch letztlich mehr Gewinn generiert werden kann. Die Ziele des Feminismus sind dabei nebensächlich und werden durch die Haltung eines sogenannten „Must-have“ Feminismus ersetzt. Dieser Feminismus führt zu polarisierenden Oppositionen, denn einerseits kommen dadurch vermehrt antifeministische Argumentationen zum Vorschein. Andererseits wird durch die Haltung eines Must-have Feminismus der Eindruck vermittelt, dass es einen universellen (coolen) Feminismus gibt, der von allen unterstützt und gleichermaßen umgesetzt wird. Mit dieser Vorstellung können wichtige Aushandlungsprozesse hinsichtlich der Themen Emanzipation, Gleichstellung, Gerechtigkeit und Freiheit, die als wesentlich für den Feminismus zu verstehen sind, verloren gehen.
Abstract (eng)
The master's thesis deals with the phenomenon of humorous short videos with feminist content on the platform TikTok and explores the question of what benefits these videos have. To answer this question, a distinction is made between benefits on an individual and societal level. The dissemination of humorous feminist videos on TikTok represents a relatively new and under-researched phenomenon in the social sciences, which is why I see the work as an attempt at an approach. Currently, a trend can be observed regarding the dissemination of humorous videos with socially critical content on social media, especially on TikTok. To investigate this relatively under-researched phenomenon from a social science perspective, empirical research was conducted. Grounded theory has proven to be a suitable research strategy in this context, which helped to explore the field. Through the associated exploratory approach, research questions, hypotheses, the material under investigation, and associated theoretical approaches emerged from a mix of inductive and deductive procedures. Finally, a well-known TikTok account and a video published on it, along with the comments posted on it, were examined using qualitative content analysis. On an individual level, the analyzed video draws attention to socially legitimized sexism against women in the online space. In this context, the humorous approach represents a feminist strategy and a self-efficacious and self-empowering micro-practice. By publishing the video on the TikTok platform, spaces can be occupied for feminist issues, which subsequently leads to more attention and visibility for feminist topics. With the definition of humor as a reaction to prevailing weight of the world, the usefulness of humor is discussed with regard to changing dominant relations. Furthermore, it is argued that phenomena such as attention, visibility and the rapid dissemination of socially critical content have limited benefits for feminist criticism. Emotional topics such as feminism become a valuable commodity on TikTok that is subject to a capitalist marketing logic. More visibility and attention, according to this logic, mean more data and advertising for TikTok, which ultimately generates more profit. The goals of feminism are incidental in this process and are replaced by the attitude of a "must-have" feminism. This feminism leads to polarizing oppositions. On the one hand, it brings forth increased anti-feminist arguments. On the other hand, by adopting a must-have feminism attitude, the impression is conveyed that there is a universal (cool) feminism that is supported and equally implemented by all. With this notion, important negotiation processes regarding the topics of emancipation, equality, justice and freedom, which are essential to understanding feminism, can be lost.
Keywords (deu)
FeminismusHumorTikTokKurzvideosSocial Mediafeministische StrategieMikropraktikSelbstermächtigungAllianzenIrritationMikroebeneMakroebeneIntersektionalitätKapitalismusNeoliberalismusAmbivalenzenSichtbarkeitAufmerksamkeitGeschlechterverhältnisseHerrschaftsverhältnisseMachtMust-have Feminismus
Type (deu)
Persistent identifier
https://phaidra.univie.ac.at/o:1646032
rdau:P60550 (deu)
103 Seiten : Illustration
Number of pages
103
Members (1)
Title (deu)
Feministischer Humor auf TikTok
im Spannungsfeld von individueller Mikropraxis und kapitalistischer Vermarktungslogik
Author
Aurelia Wolf
Abstract (deu)
Die Masterarbeit behandelt das Phänomen humoristischer Kurzvideos mit feministischen Inhalten auf der Plattform TikTok und geht der Frage nach, welche Nutzen diese Videos haben. Hierfür wird zwischen den Nutzen auf der individuellen und der gesellschaftlichen Ebene differenziert. Die Verbreitung humorvoller, feministischer Videos auf TikTok stellt ein relativ neues und wenig erforschtes Phänomen in den Sozialwissenschaften dar, weshalb ich die Arbeit als Versuch einer Annäherung verstehe. Aktuell lässt sich ein Trend hinsichtlich der Verbreitung von humoristischen Videos mit gesellschaftskritischen Inhalten auf Social Media und hier vor allem auf TikTok beobachten. Um dieses relativ wenig erforschte Phänomen aus einer sozialwissenschaftlichen Perspektive zu untersuchen, wurde eine empirische Forschung durchgeführt. Die Grounded Theory hat sich in diesem Kontext als Forschungsstrategie erwiesen, wodurch das zu bearbeitende Feld erschlossen wurde. Durch den damit verbundenen explorativen Zugang haben sich die Forschungsfragen, die Hypothesen, das untersuchte Material und die damit verbundenen theoretischen Zugänge aus einem Wechsel von induktiven und deduktiven Verfahren herausgebildet. Schlussendlich wurde vor allem ein bekannter TikTok Account und ein darauf veröffentlichtes Video mit den dazu geposteten Kommentaren mit Hilfe der qualitativen Inhaltsanalyse untersucht. Auf der individuellen Ebene macht das analysierte Video auf gesellschaftlich legitimierten Sexismus gegen Frauen im Online-Raum aufmerksam. Der humoristische Umgang damit stellt in diesem Kontext eine feministische Strategie und selbstwirksame und selbstermächtigende Mikropraktik dar. Durch die Veröffentlichung des Videos auf der Plattform TikTok können Räume für feministische Anliegen eingenommen werden, was in weiterer Folge zu mehr Aufmerksamkeit und Sichtbarkeit für feministische Themen führt. Mit der Definition von Humor als Reaktion auf das vorherrschende Elend der Welt, wird der Nutzen von Humor, hinsichtlich einer Veränderung der dominierenden Verhältnisse, diskutiert. Weiters wird dargestellt, dass Phänomene wie Aufmerksamkeit, Sichtbarkeit und eine damit zusammenhängende schnelle Verbreitung von gesellschaftskritischen Inhalten der feministischen Kritik nur bedingt nutzen. Denn emotional aufgeladene Themen, wie der Feminismus, werden auf TikTok zu einer wertvollen Ware, die einer kapitalistischen Vermarktungslogik unterliegt. Ein Mehr an Sichtbar- und Aufmerksamkeit bedeutet dieser Logik folgend für TikTok mehr Daten und Werbung, wodurch letztlich mehr Gewinn generiert werden kann. Die Ziele des Feminismus sind dabei nebensächlich und werden durch die Haltung eines sogenannten „Must-have“ Feminismus ersetzt. Dieser Feminismus führt zu polarisierenden Oppositionen, denn einerseits kommen dadurch vermehrt antifeministische Argumentationen zum Vorschein. Andererseits wird durch die Haltung eines Must-have Feminismus der Eindruck vermittelt, dass es einen universellen (coolen) Feminismus gibt, der von allen unterstützt und gleichermaßen umgesetzt wird. Mit dieser Vorstellung können wichtige Aushandlungsprozesse hinsichtlich der Themen Emanzipation, Gleichstellung, Gerechtigkeit und Freiheit, die als wesentlich für den Feminismus zu verstehen sind, verloren gehen.
Abstract (eng)
The master's thesis deals with the phenomenon of humorous short videos with feminist content on the platform TikTok and explores the question of what benefits these videos have. To answer this question, a distinction is made between benefits on an individual and societal level. The dissemination of humorous feminist videos on TikTok represents a relatively new and under-researched phenomenon in the social sciences, which is why I see the work as an attempt at an approach. Currently, a trend can be observed regarding the dissemination of humorous videos with socially critical content on social media, especially on TikTok. To investigate this relatively under-researched phenomenon from a social science perspective, empirical research was conducted. Grounded theory has proven to be a suitable research strategy in this context, which helped to explore the field. Through the associated exploratory approach, research questions, hypotheses, the material under investigation, and associated theoretical approaches emerged from a mix of inductive and deductive procedures. Finally, a well-known TikTok account and a video published on it, along with the comments posted on it, were examined using qualitative content analysis. On an individual level, the analyzed video draws attention to socially legitimized sexism against women in the online space. In this context, the humorous approach represents a feminist strategy and a self-efficacious and self-empowering micro-practice. By publishing the video on the TikTok platform, spaces can be occupied for feminist issues, which subsequently leads to more attention and visibility for feminist topics. With the definition of humor as a reaction to prevailing weight of the world, the usefulness of humor is discussed with regard to changing dominant relations. Furthermore, it is argued that phenomena such as attention, visibility and the rapid dissemination of socially critical content have limited benefits for feminist criticism. Emotional topics such as feminism become a valuable commodity on TikTok that is subject to a capitalist marketing logic. More visibility and attention, according to this logic, mean more data and advertising for TikTok, which ultimately generates more profit. The goals of feminism are incidental in this process and are replaced by the attitude of a "must-have" feminism. This feminism leads to polarizing oppositions. On the one hand, it brings forth increased anti-feminist arguments. On the other hand, by adopting a must-have feminism attitude, the impression is conveyed that there is a universal (cool) feminism that is supported and equally implemented by all. With this notion, important negotiation processes regarding the topics of emancipation, equality, justice and freedom, which are essential to understanding feminism, can be lost.
Keywords (deu)
FeminismusHumorTikTokKurzvideosSocial Mediafeministische StrategieMikropraktikSelbstermächtigungAllianzenIrritationMikroebeneMakroebeneIntersektionalitätKapitalismusNeoliberalismusAmbivalenzenSichtbarkeitAufmerksamkeitGeschlechterverhältnisseHerrschaftsverhältnisseMachtMust-have Feminismus
Type (deu)
Persistent identifier
https://phaidra.univie.ac.at/o:1657829
Number of pages
103