Abstract (deu)
Die Crescentia-Erzählung kann als Paradebeispiel der mittelalterlichen Retextualisierung gewertet werden. Dadurch ist ein beachtliches Textnetzwerk um sie herum entstanden, welches nun in der folgenden Arbeit beschrieben und analysiert wird. Ausgezeichnet durch das Motiv der unschuldig verfolgten Frau lassen sich die Anfänge dieses Textnetzwerks schon im 9. Jahrhundert in orientalischen Schriften wiederfinden. Durch Transponierung findet der Erzählstoff seinen Weg nach Mitteleuropa, wo er für die dortige Gesellschaft adaptiert wird und in diversen Sammlungen aufscheint. Neben der Crescentia-Erzählung lässt sich die Motivik zusätzlich auch in anderen Text erkennen, welche dadurch indirekt miteinander verbunden sind. Neben dem Marienmirakel „Kaiserin von Rom“ lassen sich auch noch der Erzählkreis von Florence de Rome, die Hildegard-Erzählung der Gesta Romanorum als auch die Vita Hildegardis mit dem Textnetzwerk der Crescentia-Erzählung in Verbindung bringen. In dieser Arbeit wird die Entwicklung der Stofftradition der Crescentia-Erzählung zwischen dem 12. und dem 15. Jahrhundert, anhand der Kaiserchronik, den Colmarer Fragmenten, den Schwesternhandschriften Cod. pal. Germ. 341 und Cod. Bodm. 72 und drei Prosafassungen betrachtet und in ihren unterschiedlichen Entstehungskontexten verglichen.